Thesen zur Solidarität
"Solidarität ist ein Grundprinzip unseres Handelns. Wenn jemand stolpert, fangen wir ihn auf."1
Warum thematisieren wir Solidarität?
In einer Gesellschaft,
- die sich der Vermehrung von Geld verschrieben hat,
- in der der Leistungsdruck steigt,
- die immer ungleicher wird,
- in der die Menschen zunehmend vereinzeln und gegeneinander ausgespielt werden,
wollen wir die Bedeutung der Solidarität und des solidarischen Handelns in Erinnerung bringen und in den Mittelpunkt stellen.
Als Christen/innen glauben wir, dass alle Menschen als Geschöpfe Gottes gleichen Wert und gleiche Würde haben. Für dieses geschwisterliche Miteinander gilt: „Was ihr von anderen erwartet, das tut ebenso auch ihnen.“ (Lk 6,31) und der Auftrag: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Lev 19,18, Mk 12, 29ff)
Solidarität ist ein Grundprinzip der katholischen Soziallehre und ein Schlüsselbegriff im Ethos und in der Praxis der Arbeiternehmer:innenbewegung.
Was meinen wir mit Solidarität?
Solidarisch: von lat. solidus = dicht, fest, vollständig, wahrhaft.
Solidarität ist das Zusammengehörigkeitsgefühl, die enge Verbundenheit, die wechselseitige Verantwortlichkeit einer Gruppe, die durch eine gemeinsame soziale Lage, gemeinsame Interessen, gemeinsame Werte entsteht.
Solidarität ist die Fähigkeit und Haltung eines Menschen, sich für das Gemeinwohl und für eine gerechtere Verteilung der Ressourcen, Chancen und Lasten einzusetzen.
Organisierte Solidarität in einer Gesellschaft zeigt sich in den Institutionen und Regeln eines funktionierenden Sozialstaates. Diese wurden im Laufe der Geschichte in vielfältigen Konflikten solidarisch erkämpft. Organisierte Solidarität muss sich den gegenwärtigen Erfordernissen entsprechend stets wandeln und weiterentwickeln.
Wenn mir ein Freund das Essen bringt, wenn ich krank zu Hause bin,
wenn die Belegschaft für einen Betriebskindergarten kämpft,
wenn der Betriebsrat sich gegen das Auslagern des Reinigungspersonals wehrt,
wenn eine Kollegin mitgetragen wird, auch wenn sie gerade nicht voll leistungsfähig ist,
wenn die Gemeinde gegen die Abschiebung ihrer NachbarInnen aufsteht,
wenn Geld zusammengelegt wird, um Menschen anderswo zu unterstützen,
wenn ich beim Einkaufen auf Produktionsbedingungen achte,
wenn es eine gute Schule für alle gibt, in der jedes Kind seine Möglichkeiten entfalten kann,
wenn ich durch eine gesetzliche Krankenversicherung geschützt bin,
... dann ist Solidarität im Spiel.
Wozu solidarisch sein?
Unsere Vision: Durch solidarisches Handeln schaffen wir gerechtere Strukturen. So wird gutes Leben für alle möglich.
„Mehrwert“ durch Solidarität. Solidarisches Handeln ist uns mehr wert als der Kampf um individuelle Vorteile, denn...
- kein Mensch kann alleine leben.
- wer selber solidarisch ist kann darauf vertrauen, dass andere
- sich auch solidarisch verhalten.
- in einem solidarischen Klima hat jeder Mensch seinen Platz, auch wenn er schwach ist.
- es schafft Stabilität und Sicherheit im Zusammenleben.
Solidarisch sein stiftet Beziehungen, erhöht die Lebensqualität, macht Freude und gibt Sinn.
Wie geht „solidarisch sein“? Was braucht es dazu?
Grundlage für Solidarität ist, einander als Mit-Menschen wahrzunehmen, Beziehungen zu schaffen und mitzufühlen.
Solidarisches Handeln braucht
- genaues Hinschauen, Analyse und Ursachenforschung
- Mut, Selbststand, klare Positionen und Ressourcen
- Organisation und Einsatz
In ungerechten Strukturen heißt es, Widerstand zu leisten.
Solidarität ist lernbar durch glaubwürdige Vorbilder und ansteckend durch mutiges Vormachen.
Solidarität ist mehr als Gruppenzusammenhalt. Solidarisches Handeln orientiert sich am Gemeinwohl. Der Begriff wird missbraucht, wenn er in Abgrenzung zu Schwächeren verwendet wird, oder wenn ein Starker ihn gegen einen Schwachen zu seinem Vorteil verwendet.
1) Barbara Blaha, Eröffnungsrede Momentum Kongress „Solidarität“, Oktober 2010. http://momentum-kongress.org
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