„Ich komme gern nach Hause“
Christians Tag beginnt zwischen vier und sechs Uhr morgens, je nachdem welche Touren anstehen. Zuerst geht es in die Firma. Hier wird der LKW gecheckt, dann wird vorgeladen – sofern das nicht schon am Vorabend erledigt wurde – und danach wird ausgeliefert. Vier bis sechs Touren im Umkreis von 300 km stehen pro Tag an, die Christian mit seinem LKW zurücklegt. Hauptsächlich transportiert die Firma Sägespäne, Hackschnitzel, Pellets oder Altpapier. Nicht selten enden die Arbeitstage zwischen 18.00 und 20.00 Uhr, je nach Verkehr, Abladestationen und Wartezeiten.
Arbeitslosigkeit musste Christian auch durch die Corona-Pandemie nicht befürchten. Im Gegenteil, es gab und gibt seither noch mehr zu tun. Im erste Lockdown waren Veränderungen im Arbeitsalltag am deutlichsten zu spüren: die Straßen waren leer und eigentlich war dies für die LKW-Fahrer eine angenehme Situation. Die negative Seite war, dass sämtliche Raststationen und somit auch Toiletten geschlossen waren. „Das ist vor allem für Fernfahrer eine äußerst belastende Situation gewesen. Ich komme abends heim, da ist das nicht ganz so schlimm“, erzählt er.
„Im dritten Lockdown ist es so, dass Raststationen wieder offen haben, allerdings ausschließlich zum Jause-Abholen. Der Verkehr ist jetzt genau so stark wie früher, da merkt man keinen Lockdown. Man sieht wieder LKWs aus allen möglichen Ländern.“ Für ihn persönlich hat sich durch die Corona-Situation verbessert, dass die Lieferscheine jetzt meist per Mail geschickt werden und daher keine Unterschriften mehr benötigt werden: „Kennzeichen angeben, auf die Waage und schon geht es wieder weiter“, fasst er es zusammen.
Beruflich hat sich gar nicht so viel verändert, privat jedoch schon: Einen Tag vor dem zweiten Lockdown ist der zweite Sohn zur Welt gekommen. Die Mama ist nun bei den Kindern zuhause und so kann auch die Homeschooling-Phase für den älteren gut bewältigt werden. Persönlich macht dem zweifachen Papa Sorgen, dass das Thema Corona permanent präsent ist, was Auswirkungen auf die Kinder hat und ihnen Angst macht. Der größere Sohn geht in die zweite Klasse Volksschule und hat bis jetzt noch kein normales Schuljahr erlebt. Kürzlich hat er den Eltern erklärt, er müsse lernen alleine zu leben, denn wenn Mama und Papa an Corona sterben, muss er alleine zurechtkommen. Christian wünscht sich, dass mit der Corona-Thematik mit Hirn und Abstand und Hausverstand umgegangen wird, damit die Kinder keinen Schaden davontragen. „Man soll sich nicht närrisch machen lassen von dem Ganzen!“, findet er. Am meisten vermisst er die Spontanität und die Unbefangenheit: „Gemeinsam mit der Verwandtschaft auf eine spontane Jause gehen, mit einem Freund auf zwei Halbe Bier zum Wirt oder die Leute beim Fußballtraining des Sohnes treffen, das fehlt schon!“ Ansonsten kommt er mit der Situation aber recht gut zurecht.
In Zeiten, in denen es nicht so gut läuft, hilft ihm Musik beim LKW-Fahren. Sich zurückziehen und dabei tätig sein, wie zum Beispiel etwas Handwerkliches zu machen oder den LKW zu putzen, ist für Christian ebenso eine Möglichkeit, die Gedanken wieder zu sortieren, wie mit seiner langjährigen Freundin zu sprechen.
Seine Familie ist seine Basis. Zu wissen, wo er hingehört und wo er zuhause ist, gibt Sicherheit und Halt. „Ich komme gern nach Hause“, fasst es Christian zusammen.