„Ich tu das nicht mehr!“
Die Arbeit von zu Hause aus zu erledigen war schwer. Elisabeth ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Wenn alle zuhause sind, alle an einem Tisch sitzen und zeitgleich das Internet und die technische Ausrüstung benötigen, wird es kompliziert.
In den Wochen der extremen Lockdown-Phase hat sich alles um die Schule gedreht, die eigene Arbeit wurde danach und dazwischen erledigt. So ist es auch noch, nachdem die Schulen wieder offen haben, obwohl die Hoffnung da war, dass es etwas leichter wird. Es entsteht das Gefühl, dass man 24 Stunden 7 Tage lang im Einsatz ist. Die aktuelle Lage erfordert ausgesprochen gutes Management. Die Schulkinder haben nun unterschiedliche Schultage. Arzttermine, die vorher nicht wahrgenommen werden konnten, müssen nachgeholt werden. Die eigene Arbeit will gewissenhaft erledigt werden, die Kinder gehören betreut, wenn sie die freien Tage haben und letztendlich muss auch der Haushalt erledigt werden. ‚Wer kocht? Wer ist da?‘ sind zwei der vielen Fragen, die in Elisabeths Kopf herumschwirren.
Learning by doing stand für die ganze Familie an der Tagesordnung, denn gerade in der ersten Zeit wurde man permanent mit neuen technischen Formaten konfrontiert, die für die Schulkinder zu installieren und zu erklären waren. „Diese Zeit ist geistig eine riesen Herausforderung und es gibt keine Verschnaufzeiten. Es ist wohl die kulturelle Prägung, die mich veranlasst hatte, mich automatisch um alles zu kümmern. Dieses automatisch-um-die-Kinder-Kümmern kommt im Kosmos der Männer gar nicht vor. Ich musste das erst einfordern vom Partner, dass er auch etwas übernimmt. Allerdings habe ich dann nicht im Raum sein dürfen, weil die Kinder sonst automatisch zu mir kommen, weil sie es so gewöhnt waren.“, beschreibt Elisabeth die Situation der Verteilung der Arbeit zuhause. Inzwischen hat sich das alles besser eingespielt und auch der Sohn ist gut in die Hausarbeit eingebunden. Sie sieht es positiv, dass diese Dinge nun aufgebrochen sind, und sie ist fest entschlossen: „Ich tue das nicht mehr!“ Gleichzeitig ist sie sich aber dessen bewusst, dass man dauerhaft um gerechte Verteilung der bezahlten und unbezahlten Arbeit kämpfen muss. Ein Grund dafür ist vermutlich, dass man auch selber ganz schnell in alte Verhaltensmuster zurückfällt, denn meist geht es schneller, wenn man es selber macht.
Trotz aller Herausforderungen ist Elisabeth positiv gestimmt, sie hat eine positive Grundeinstellung zum Leben und zu neuen Situationen, die sie auch annehmen kann. Das mag an ihrer Erfahrung liegen. Die Sozialarbeiterin hat auch selber schon sehr schwierige Zeiten hinter sich: „Ich bin auch schon auf der anderen Seite gestanden. Ich weiß, wie es ist – dadurch kann ich die KlientInnen verstehen. Trotzdem muss man sich diese Grundeinstellung aber auch leisten können“, ist sie überzeugt und denkt dabei an manche KlientInnen, die vor lauter Sorgen nicht mehr denken können. „Wenn es um essentielle Dinge geht, dann müssen wir der starke Felsen oder der Leuchtturm für die KlientInnen sein. Sie können sich dann verlassen, dass wir stark sind für sie.“
Elisabeth hofft, dass vor allem die Kinder ihre sozialen Kontakte bald wieder wie früher leben können und dass alle mit einem blauen Auge davonkommen aus dieser Krise:
„Es wird sich sicher was verändern und wir müssen es nehmen, wie es ist.“ Ihre positive Grundeinstellung und das Vertrauen darauf, dass man nie ganz alleine ist und es wieder gut wird, tragen sie persönlich durch diese und andere schwierige Zeiten.