KAB Österreich
Grundsatzprogramm der KAB Österreich
"Eine Bewegung lebt dann, wenn sie sich jeweils neu den aktuellen Fragen der Zeit stellt und darauf Antworten zu geben versucht. Aufgabe eines Programms ist es auch, Ziel und Wollen einer Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen."
Mit dieser Einleitung begannen alle bisherigen Grundsatzprogramme der KAB Österreich. Nach der Gründung der KABÖ im Jahre 1951, wurde im Mai 1955 das 1. Grundsatzprogramm beschlossen. Anliegen des 2. Grundsatzprogrammes im Jahre 1971 war es, die Aussagen des II. Vatikanischen Konzils aufzunehmen. Die Erkenntnisse einer nationalen Studientagung über das „gesellschaftspolitische Apostolat“ bildeten die Grundlage für das 3. Grundsatzprogramm von 1978. Die rasanten technischen Entwicklungen und Erkenntnisse der Studientagung „Überlasst die Zukunft nicht dem Zufall“ fanden im 4. Grundsatzprogramm von 1987 ihren Niederschlag.
Im Jubiläumsjahr 2001 fand – neben der traditionellen Rom-Wallfahrt im Mai zu 110 Jahre „Rerum Novarum“ – eine intensive Diskussion in allen Diözesen zum neuen Grundsatzprogramm statt. Nachdem sich zwei Bundeskonferenzen der KABÖ mit den Textentwürfen auseinandergesetzt hatten, wurde das vorliegende 5. Grundsatzprogramm der KAB-Österreich in einer a. o. Bundeskonferenz am 23. Juni 2001 im Betriebsseminar Österreichs in Linz einstimmig beschlossen.
Zum Geleit: Referatsbischof der KABÖ – Maximilian Aichern OSB
Das Jahr 2001 hat für die Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung in Österreich eine besondere Bedeutung. Wir feiern das 50jährige Bestehen. Gleichzeitig sind es heuer 110 Jahre seit dem Erscheinen der ersten Sozialenzyklika „Rerum novarum“ von Papst Leo XIII. Daher geht es neben einem dankbaren Rückblick auch um eine Neubesinnung und den verstärkten Einsatz in den Sozialanliegen in Gesellschaft und Kirche.
Ein wichtiger Bestandteil des Jahres war die intensive Auseinandersetzung mit den Werten und Orientierungen, welche die KAB in die heutige Gesellschaft einbringen möchte. So ist es gelungen, mit dem 5. Grundsatzprogramm eine deutliche Neuorientierung festzuschreiben.
Die KAB weiß sich dabei eng mit dem Evangelium und den Sozialaktivitäten der Gesamtkirche verbunden. Jesus selbst war ein Arbeiter und hat sich ganz mit uns, mit den arbeitenden Menschen solidarisiert. Er hat durch sein Leben und seine handwerkliche Tätigkeit, aber auch in seiner Botschaft die Würde der ArbeiterInnen und die Bedeutung der Arbeit unterstrichen. Er hat aber auch daran erinnert, dass Arbeit und Leistung nicht alles sind, dass die Feier des Sabbats bzw. Sonntags, die Feier der Gemeinschaft und die Öffnung für die geistigen Werte, auch für den Aufblick zu Gott ein wesentlicher Teil unseres Lebens sind.
Der Einsatz für die Armen, die Notleidenden und Unterdrückten zieht sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der Kirche. Ein vorbildliches Beispiel haben die Päpste unserer Zeit, angefangen von Leo XIII., gegeben. Unser jetziger Papst, Johannes Paul II., hat einmal gesagt: „Die Option für die Armen beschäftigt mich alltäglich.“
Österreichs Kirche hat durch große Persönlichkeiten und das breite Engagement im Laienapostolat einen wichtigen Beitrag zur Verwirklichung der katholischen Soziallehre geleistet. In dieser Linie sind auch der Sozialhirtenbrief der österreichischen Bischöfe von 1990 und das ökumenische Sozialwort, an dem gegenwärtig intensiv gearbeitet wird, zu sehen.
Die Welt von heute befindet sich in einem tiefgreifenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturwandel. Wir dürfen und können als Christen nicht daran vorbeigehen, sondern müssen uns mit voller Kraft für die Lösung anstehender Fragen, für den Aufbau einer gerechten Gesellschaftsordung engagieren. So setzt sich die KAB mit Recht für die Schaffung einer Sozialverträglichkeitsprüfung ein.
die Schnelligkeit des Wandels in der Arbeitswelt, die sich derzeit vollzieht, muss auf ein menschliches Maß reduziert werden. Die „De-Regulierung“, die Durchlöcherung, ja bisweilen sogar Abschaffung bisheriger sozialer Rechte und Errungenschaften darf nicht einfach hingenommen werden. Die KAB wehrt sich zu Recht gegen Trends, die Schwache und Benachteiligte zu Opfern machen. Besonders in der Sonntagsfrage beobachten wir kritisch und mit Protest die Versuche, die Menschen zu einem „Rund-um-die-Uhr-Wesen“ zu machen und möglichst hohen Profit vor alle humanen Werte und Anliegen zu stellen. Wir meinen, dass die „neue Arbeit“ nicht in der totalen Flexibilität besteht, sondern dass der Mensch im Mittelpunkt stehen muss, dass auch über die reine Erwerbsarbeit hinaus gedacht werden muss und wichtigste Bereiche unbezahlter Arbeit wie z. B. Hausarbeit, Kindererziehung, Pflege von Angehörigen und ehrenamtlicher Sozialeinsatz einbezogen werden sollten.
Wir leisten unseren Einsatz für Gerechtigkeit, Frieden und das Wohl der Menschen nicht in verbissenem Ernst. Bei uns soll Optimismus und Freude, die vom Gottesgeist geschenkt werden, spürbar sein. Sie verhindert die Resignation, wenn uns die Probleme über den Kopf zu wachsen scheinen; die Probleme, wie weltweite Ungerechtigkeit, Infragestellung sozialer Errungenschaften, Umweltbedrohung, nach wie vor zu hohe Arbeitslosigkeit usw. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott das Seine tut, wenn wir das Unsere tun.
Ich möchte Euch bestärken, dass Ihr KAB-ler und KAB-lerinnen als „Kirche in der Arbeitswelt und als Stimme der Arbeitnehmerschaft in der Kirche“ mithelft, die Prinzipien der christlichen Soziallehre, wie sie so klar in den Päpstlichen Erklärungen dargelegt werden, in die Tat umzusetzen, dass Ihr beitragt, dass unsere Welt nicht kälter und unpersönlicher wird, sondern dass der Plan und die Liebe Gottes immer mehr Verwirklichung finden. Gerade der Kirche und uns Christen kommt heute die Aufgabe zu, Orientierung, Sicherheit und anregende Beispiele zu geben, das Bewusstsein von Freiheit und Verantwortung wach zu halten sowie die Solidarität zu stärken.
Mit dem neuen, zukunftsfähigen Programm hat die KAB die „Segel in den Wind“ gestellt. Ich wünsche dir die Ausdauer und den Mut, das Motto der Günderzeit von Joseph Cardijn „Nicht Worte – sondern Taten“ auch in Zukunft ein Stück Wirklichkeit werden zu lassen.
Bischof Maximilian Aichern OSB
Nach vielen Gesprächen und Überlegungen erkannten die Leitungsorgane der Kath. ArbeitnehmerInnen Bewegung Österreich, dass die enormen Veränderungen und Umwälzungen in Wirtschaft und Gesellschaft, für eine Sozialbewegung neue Grundsätze und Leitlinien erfordern und notwendig machen.
Diese sollen als Wegweiser und Hilfen dienen, für den Einsatz unserer MitarbeiterInnen und Freunde, aber auch als Orientierung für betroffene Menschen in dieser Welt voller widersprüchlicher Entwicklungen.
Die Anzeichen für Umbrüche sind fast überall zu sehen. Täglich stehen wir vor neuen gesellschaftlichen, technologisch en, neuerdings genbiologischen Erkenntnissen, Versuchen und Folgen von Maßnahmen, deren Auswirkungen niemand mehr beurteilen kann oder will. Wie bei anderen industriellen Revolutionen erleben wir auch jetzt, dass Wirtschaft und Finanzwelt mit viel Einfallsreichtum die bestehende Ordnung, das Bewusstsein der Menschen und die Gesellschaftssysteme hinter sich gelassen haben und sich über Vereinbarungen im sozialen Bereich hinwegsetzen.
In einer derart unübersichtlichen und widersprüchlichen Situation ergibt sich fast zwangsweise der Ruf nach ethischen und moralischen Normen und Leitlinien als einzige Orientierungshilfe.
Die gesellschaftlichen Strukturprinzipien der Kath. Soziallehre, die unser Grundsatzprogramm letztlich bilden und formen, sind wohl unbestritten als wesentliche Pfeiler und Fundamente auch für diese heutige Gesellschaft gültig!
Diese Erkenntnis lässt mich vertrauensvoll auf einen wertvollen Beitrag für die Zukunft unserer Gesellschaft, für die Kirche und letztlich für unsere KAB hoffen.
Bruno Holzhammer
Vundesvorsitzender der KABÖ
„Die ersten und unmittelbaren Apostel der Arbeiter müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter
selbst sein“ (Joseph Cardijn)1.
Die Katholische ArbeitnehmerInnen-Bewegung (KAB) Österreichs ist eine Gemeinschaft von Christinnen und Christen in der Arbeitswelt, eine Bewegung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in der Kirche.
Als eine Bewegung christlicher Arbeitnehmer/innen und deren Familien, wendet sich die KAB in gleicher Weise an Frauen und Männer, die als Laien in der Kirche mitarbeiten und in der Nachfolge Christi für eine menschenwürdige Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft eintreten. Dieses Laienapostolat der KAB ist Teil der Katholischen Kirche Österreichs. Es wird von demokratisch gewählten ehrenamtlichen Vorsitzenden geleitet und von Geistlichen Assistenten oder theologischen Assistent/innen begleitet.
Aus ihrem Selbstverständnis „Kirche in der Arbeitswelt und Stimme der Arbeitnehmer/innen in der Kirche“ zu sein leitet die KAB vorrangige Handlungsfelder und Schwerpunkte ab, für die sie folgende Grundsätze, Wesensmerkmale, Optionen, Orientierungen und Visionen formuliert:
2. Unser wichtigster Grundsatz: Wir stellen den Menschen in die Mitte
„Der Mensch muss Träger, Schöpfer und das Ziel aller gesellschaftlichen Einrichtungen sein ...“ (Papst Johannes XXIII.)2
Nach dem wichtigsten Grundsatz der KAB, muss die Wirtschaft dem Menschen dienen. In der Weltwirtschaft erleben wir gegenwärtig dazu oft einen Widerspruch mit verheerenden Folgen: Entfremdung des Menschen, Unterwerfung des Menschen unter den Produktionsprozess, Arbeitsorganisation ohne Rücksicht auf menschliche Bedürfnisse, Profitstreben um jeden Preis, Globalisierung ohne Gleichheit und Solidarität. Für die KAB ist die Wirtschaft ein Teilbereich menschlichen Schaffens, und als solcher setzt sie die Freiheit und Verantwortung aller Beteiligten voraus.
Für eine Wirtschaft, die den Menschen in die Mitte stellt, sind für die KAB zentrale soziale Zielsetzungen
- die notwendige Versorgung der Menschen mit Gütern und Dienstleistungen und das Einlösen eines Rechtes auf Arbeit,
- eine gerechte Entlohnung und soziale Sicherung für alle Menschen,
- eine sozial gerechte Verteilung der erwirtschafteten Gewinne und Überschüsse, sowie
- gerechte Wirtschaftsbeziehungen auf nationaler und internationaler Ebene.
3. Merkmale und Wesen der KAB
Aus ihrem Selbstverständnis, sowohl Kirche als auch ArbeiternehmerInnen-Bewegung zu sein, ist die KAB eine Bewegung mit vielfältigen Wesensmerkmalen und Ausrichtungen.
3.1 Die KAB ist eine Arbeitnehmer/Innen-Bewegung
Jesus wählt seine ersten Apostel unter Fischern aus. Er beruft sie, während sie ihre Arbeit verrichten: „Fahrt hinaus auf den See! Dort werft Eure Netze zum Fang aus!“ (Lk 5,4)3
Der Begriff „Arbeit“ unterliegt einem radikalen Wandel. Im 21. Jahrhundert geht der Trend von manueller Arbeit hin zu Dienstleitungsberufen mit hoher Qualifikationsanforderung und einer generellen Verschiebung zur Wissensarbeit und zu Computerarbeitsplätzen. Dies wird begleitet von neuen Beschäftigungsformen wie z.B. freie Mitarbeit, Arbeit auf Werkvertragsbasis, Teilzeitarbeit und insgesamt mehr Flexibilität und Mobilität. Zunehmend werden für Arbeitnehmer/innen lebenslanges Lernen und wechselnde Arbeitsverhältnisse (Job-Rotation) zum Normalfall. Ebenso wechselnde Phasen von selbständiger und unselbständiger Erwerbsarbeit und erwerbslose Zeiten wie z.B. Arbeitslosigkeit, Bildungskarenz, Familienkarenz,....
Nicht zuletzt reicht der Begriff Arbeit weit über die reine Erwerbsarbeit hinaus und so bilden besonders die gesellschaftlich unverzichtbaren Bereiche unbezahlter Arbeit z.B. Hausarbeit, Kinderbetreuung, Pflege von Angehörigen - aber auch ehrenamtliche Tätigkeit - wichtige Bestandteile.
In diesem erweiterten Verständnis von Arbeit wendet sich die KAB als ArbeitnehmerInnen-Bewegung vor allem an alle Frauen und Männer, die in der Arbeitswelt ihr Christ-Sein leben wollen.
Wir wenden uns ebenso an die steigende Zahl von Menschen in atypischen und oftprekären Arbeitsverhältnissen (z. B.: geringfügige Beschäftigung, Leiharbeit, ...), auch an jene, die ohne Erwerbsarbeit sind, an Hausfrauen und -männer sowiePensionistInnen.
Zur Mitarbeit sind auch jene eingeladen, die sich von ArbeitnehmerInnen-anliegen betreffen lassen, sich in ihrem Denken und Fühlen der ArbeitnehmerInnenschaft zuordnen und deren Interessen vertreten. Besonders fördern wir dabei das Engagement von BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen.
3.2 Die KAB ist eine Christliche Bewegung
„Euer Leben ist das 5. Evangelium“ (Joseph Cardijn)4
Die Spiritualität der KAB ist geprägt von der Einheit von Glaube und Leben. Alles, was dieser Einheit von Gottesbeziehung und Menschenbeziehung widerspricht, z. B.„Strukturen der Sünde“ in der Welt der Arbeit und Wirtschaft, soll nach Möglichkeit behoben werden, damit „Strukturen des Heils“ im täglichen Leben erfahrbar werden. Gottes befreiender Geist wirkt mitten unter den Menschen auch in Betrieben und im Alltag, wenn sich Einzelne und Gruppen für bessere Lebensbedingungen, für mehr soziale Gerechtigkeit oder für die Rechte von Schwachen und Benachteiligten einsetzen.
„Christus hat die Welt auch durch die Arbeit erlöst“ - Neben der Frohen Botschaft vom Reich Gottes, verkündete Jesus Christus das „Evangelium der Arbeit“, indem er einen großen Teil seiner Lebensjahre als Zimmermann arbeitete. In diesem Licht zeigt sich die menschliche Arbeit auch als Teilhabe an der Erlösung.
Die „Geistlichen Assistenten“ leisten einen wichtigen Beitrag in der Bewegung. Ihre Gegenwart, ihr Engagement und Zeugnis ist für die Frauen und Männer in der KAB eine Aufforderung, die Verbindung zwischen Leben und Glaube, Glaube und Engagement intensiver zu leben. Durch die Verbundenheit mit Jesus Christus entsteht eine „Spiritualität der Arbeit“, die im solidarischen Handeln in der Arbeitswelt ihren Ausdruck findet.
In dieser Spiritualität weiß sich die KAB getragen von der Gewissheit, dass das Reich Gottes mit dem Leben und der Verkündigung Jesu schon begonnen hat und von Gott vollendet werden wird.
→ Der Einsatz für Gerechtigkeit und Erfolge im solidarischen Engagement,
→ die gegenseitige Unterstützung und Hilfe,
→ das Erlebnis gelungener Gemeinschaft, Gebet und Feier der Eucharistie
sind befreiende Erfahrungen des Reiches Gottes und Ermutigung für ein Leben in Fülle.
3.3 Die KAB ist eine Geschwisterliche Bewegung
„Gott schuf also den Menschen als sein Abbild. Als Mann und Frau schuf er sie.“ (Gen 1,27)5
Gleichberechtigung ist für die KAB eine Forderung, die selbstverständlich von einem gleichberechtigten Miteinander von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft ausgeht, aber wesentlich tiefer wurzelt. Letztlich ist der geschwisterliche Umgang auch Ausdruck der Menschenwürde.
Der Aufforderung des Sozialhirtenbriefes der katholischen Bischöfe Österreichs folgend, dass „die Anerkennung der Würde und Rechte der Frau als Zeichen der Zeit erkannt und für die Kirche zum unüberhörbaren Auftrag werden muss“ (SHB 80) fordert und fördert die KAB ein gerechtes Miteinander von Frauen und Männern auf allen Ebenen der Gesellschaft, in Arbeitswelt und Kirche. Indem Frauen und Männer sich auch unabhängig voneinander mit ihrer jeweiligen Situation und Stellung in der Gesellschaft, insbesonders in der Arbeitswelt, aber auch in der Kirche auseinandersetzen, soll ein neues geschwisterliches Miteinander entstehen. Ziel ist eine neue und gerechtere Aufteilung der Verantwortung der Familien- und Erwerbsarbeit. Ebenso wie die Wirtschaft von einem höheren Anteil an Frauen, auch in höheren und leitenden Positionen profitiert, erfahren Männer aus dem „Vater-Sein“ für sich und ihre Kinder wieder bleibende Bereicherungen für ihr Leben.
Als „geschwisterliche Bewegung“ unterstützt und fördert die KAB in allen Diözesen und auf Bundesebene Maßnahmen, die zu einer gleichberechtigten Teilhabe und zur Gleichbehandlung beider Geschlechter an Aufgaben und Entscheidungen führen.
3.4 Die KAB ist eine Bildungsbewegung
„Der Einsatz für Gerechtigkeit und die Beteiligung an der Umgestaltung der Welt erscheinen deutlich als eine Grunddimension der Verkündigung des Evangeliums.“ (aus Gerechtigkeit in der Welt, 1971, Papst Paul VI.)7
Die Bildungsarbeit der KAB hat ein parteiliches und solidarisches Handeln zum Ziel und ist Bildung zu Engagement und Beteiligung.
Methodisch folgen die Bildungsarbeit und die Aktionen der KAB den Schritten: „Sehen - Urteilen - Handeln und Feiern“.
Ausgangspunkt ist das „Sehen“ („Wahr-Nehmen“) der Menschen in der Arbeitswelt, im Spannungsfeld von sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen. Im „Urteilen“ lernen wir Fragen zu stellen, die für Gerechtigkeit, Menschenwürde, Freiheit und Solidarität sensibilisieren. Der Maßstab, an dem wir Arbeitswelt und Gesellschaft messen, ist das Evangelium. Unsere Bildungsprozesse setzen an der konkreten Lebenssituation (Betriebe, Familie, Freunde,...) und in der Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Realität an. Sie berücksichtigen besonders den strukturellen Wandel der Gesellschaft mit den sich ändernden Arbeits- und Lebensvollzügen. Durch das Einbringen von Erfahrungen und Fähigkeiten, durch das authentische „Vormachen - Mitmachen - Selber Machen“ werden die Menschen zu politischem „Handeln“ aufgefordert und befähigt. Der Weg zur Befreiung wird in gemeinsamen „Feiern“ erlebbar. Diese Feiern können sehr unterschiedliche Formen annehmen z.B. zu kirchlichen Festen, nach gelungenen Aktionen,... und sollen unsere Arbeit und unser Leben zum Ausdruck bringen.
Mit ihrer Bildungsarbeit fördert die KAB die Persönlichkeitsentwicklung und Bewusstseinsbildung des/der Einzelnen, sowie das Engagement für eine menschengerechte und solidarische Gesellschaft und Arbeitswelt.
3.5 Die KAB ist eine Aktionsbewegung
„Die christlichen Laien, wenn sie ihr Apostolat in Wahrheit, mit genügender Gründlichkeit und in echter Lebensnähe ausüben, können und müssen zu einer positiven Lösung der Probleme der Welt von heute beitragen.“ (Joseph Cardijn)8
Die Aktionen der KAB reichen von kleinen, persönlichen Schritten bis zu großen gemeinsamen Aktivitäten z.B. Unterschriftensammlungen, aktivierende Befragungen, Demonstrationen,...
In der KAB können Frauen und Männer als Einzelpersonen mitarbeiten, sich regelmäßig in Runden treffen z.B. Aktivist/innenrunden, Betriebsrunden..., aber auch in weiteren Organisationsformen z.B: Studienzirkeln, Projektgruppen, sozialpolitischen Stammtischen... zusammenkommen. Die KAB ermutigt zum Engagement und zu konkreten Aktionen. Das jeweilige Handeln bezieht sich nicht nur auf den Einzelnen, sondern orientiert sich an der Situation der Menschen mit dem Ziel einer solidarischen Gesellschaft. Die KAB wirkt für Menschen, die von gleichen Problemen betroffen sind und ihre Situation entsprechend verändern möchten, durch Lernprozesse, die nicht nur auf ein kurzfristiges Ziel hin angelegt sind, sondern Schritt für Schritt Veränderungen erzeugen, Erfahrungen ermöglichen, Hoffnungen beinhalten.
Durch Austausch von Erfahrungen und Zusammenarbeit mit anderen Gruppen, durch Vernetzung und mittels gemeinsamer Aktionen, erfahren Frauen und Männer, die sich in der KAB engagieren, Teil einer Bewegung zu sein, die auf Diözesan- und Bundesebene aktiv wird und auch eine internationale Dimension eröffnet.
3.6 Die KAB ist eine Gesellschaftspolitische Bewegung
„Jede Religion, die sich um die Seelen der Menschen, aber nicht um die Slums und ihre verelende Wirkung, um die erstickenden wirtschaftlichen Verhältnisse und die lähmenden sozialen Bedingungen sorgt, ist trocken und unfruchtbar wie Staub.“ (Martin Luther King)9
Durch ihre Bildungsangebote und den daraus folgenden Aktionen, gestaltet die KAB Gesellschaft, Staat, Wirtschaft und Kirche mit. Wir arbeiten an der Überwindung ungerechter Strukturen mit und entwerfen gesellschafts- und sozialpolitische Perspektiven. Wir beteiligen uns an der Entwicklung von neuen Formen gesellschaftlicher Teilhabe und Teilnahme, damit die politische Mitwirkung und Vertretung ermöglicht und erweitert wird. Wir setzen uns für eine Politik ein, die den Rahmen schafft für ein freies, friedliches, gerechtes und demokratisches Miteinander. Deshalb bilden wir Plattformen für sozial- und gesellschaftspolitische Anliegen, beteiligen uns an politischen Aktionen und sind Sprachrohr für Menschen mit geringeren Teilhabechancen (z.B. durch Arbeitslosenstiftungen, Zusammenarbeit mit Gewerkschaften, Verbreitung und Verwirklichung der Kath. Soziallehre,..).
Dabei arbeitet die KAB mit allen demokratischen Kräften zusammen, welche die menschliche Würde umfassend achten, den respektvollen Umgang mit der gesamten Schöpfung pflegen und auf dem Boden der österreichischen Verfassung stehen. In Arbeitnehmer/innenanliegen arbeiten wir vorrangig mit Kath. Arbeiter/innen-Jugend (KAJ) und der Betriebsseelsorge, der Gewerkschaft und der Arbeiterkammer eng zusammen.
Die KAB motiviert und qualifiziert ArbeitnehmerInnen zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen und ermuntert ihre Mitglieder zur Übernahme von Verantwortung in den ArbeitnehmerInnenvertretungen wie Betriebsrat, Österreichischer Gewerkschaftsbund und Arbeiterkammer, in politischen Parteien und kirchlichen Gremien (z.B. Pfarrgemeinderat) aber auch themenspezifischen aktuellen Bürgerinitiativen und sozialen Bewegungen.
3.7 Die KAB ist eine Internationale Bewegung
„In den verschiedenen Teilen der Welt leben Arbeiter in sehr unterschiedlichen, wenn auch voneinander abhängigen Situationen. Diese Wirklichkeiten kennen und sich ihrer bewusst werden, ist eine wichtige Voraussetzung, um zur harmonischen Entwicklung der Menschheit beizutragen“. (Centesimus annus, 52, Papst Johannes Paul II.)10
Die KAB als internationale Bewegung setzt sich für soziale Gerechtigkeit ein und verpflichtet sich zu weltweiter Solidarität. Damit will sie den negativen Folgen der Globalisierung und auch anderen drohenden Gefahren wirksam entgegenwirken. Um gegen die Missachtung der Menschenrechte und gegen die wachsende Armut zu kämpfen, knüpft die KAB-Österreichs viele Partnerschaften mit Arbeitnehmerorganisationen in den Nachbarländern. Dazu gehören regelmäßige Treffen der deutschsprachigen KABs (Deutschland, Schweiz, Südtirol, Österreich) ebenso wie Kontakte zu den Mittel- und Osteuropäischen Nachbarn. Als KAB-Österreichs sprechen wir uns eindeutig für eine Erweiterung der Europäischen Union (EU) aus. Die alle zwei Jahre stattfindende Int. Kath. Arbeitnehmer/innentagungen (IKAT) wird von der KAB-Österreichs mitgetragen.
Die KAB-Österreichs ist Mitglied der „Europäischen Bewegung Christlicher Arbeiter“ (EBCA) und der „Weltbewegung Christlicher Arbeiter“ (WBCA).
Als Zeichen gelebter Solidarität mit Arbeitnehmer/innenbewegungen weltweit, hat die KAB-Österreichs den Solidaritätsfonds eingerichtet.
Mit ihrem internationalen Engagement will die KAB-Österreichs
- die Kluft zwischen armen und reichen Regionen schließen,
- soziale Verelendung und steigende Arbeitslosigkeit bekämpfen,
- neue Perspektiven für eine gerechtere Verteilung der Lebenschancen eröffnen.
4. Optionen und Orientierungen der KAB
„Der biblisch offenbare Gott ist ein für alle Menschen gerechter Gott, und zwar in fundamentaler Parteilichkeit für die Armen, und er ist ein Gott des befreienden Sabbats.“ (Kurt Koch, Bischof von Basel)11
4.1 „ ... in fundamentaler Parteilichkeit für die Armen“ - Option für die Armen
Die „Option für die Armen“ ist für die KAB Grundlage ihrer Orientierungen und ihres Engagements.
In einer Welt, in der die Mehrheit der Menschen unter Unrecht und Gewalt leidet, muss die christliche Liebe für Gerechtigkeit, die konkrete Gestalt der „Vor-Liebe“ für die Armen annehmen. Armut wird erkenntlich durch ein eindeutiges Weniger an Bildung, Einfluss und Geld. Die „Option für die Armen“ stellt sich dabei als politische Gestalt der Nachfolge der parteilichen Liebe Gottes selbst zu den Ausgestoßenen und an den Rand Gedrängten heraus. Sie bezieht sich auf das Leben eines/r jeden Christen/Christin und gilt auch für unsere sozialen Verpflichtungen und unseren Lebensstil.
„Es ist Gott, der sich zuerst für die Armen entscheidet und die Kirche hat erst in der Folge dieser Hinwendung ihre Option für die Armen zu treffen.“ (Boff/Pixley)12
Diese Gerechtigkeit Gottes, sein befreiendes Handeln ist Befreiung von Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Schuld und umfasst den ganzen Menschen und alle Menschen.
Von diesem Standort aus verkündet die KAB diese befreiende Botschaft auf alle Menschen hin. Angesichts der gesellschaftlichen Spaltungen ist die Interessensvertretung und Option für die Armen heute dringlicher denn je. Die KAB setzt sich deshalb besonders für jene ein, die weniger an Bildung Einfluß und Geld besitzen.
4.2 „ ... ein Gott des befreienden Sabbat“ - Engament für den Sonntag
Der Sonntag ist eine der größten Gaben, welche die jüdisch-christliche Überlieferung der Menschheitsfamilie geschenkt hat. Es ist der „Tag des Herrn“ und zugleich der „Tag für alle Menschen“. Am Sonntag sind wir gemeinsam frei von den Alltagszwängen, er ist der gemeinsame Unterbrechungs- und Ruhetag der Gesellschaft. Der Sonntag schützt vor dem Ausverkauf der Zeit. Er bewahrt vor der totalen Ökonomisierung des Lebens. Der Sonntag garantiert den zeitlichen Rhythmus der Gesellschaft. Er macht kulturelles, gesellschaftliches und religiöses Leben erst möglich. „Unterbrecht die Arbeit und feiert das Fest!“, lautet die biblische Botschaft. Und Christinnen und Christen versammeln sich am ersten Tag der Woche, um am Altar die Auferstehung zu feiern.
„Der Sonntag ist in unserer Gesellschaft der regelmäßige gemeinsame freie Tag, ein Tag der Muße und Erholung, ein Tag der Begegnung, der Familie und der Gemeinschaft, ein Tag der Besinnung, des Gottesdienstes und des Feierns und ein Tag vielfältigen Engagements außerhalb von Erwerbsarbeit und Konsum. Daraus ergibt sich das Engagement für die freien Sonn- und Feiertage als kulturelle, religiöse, soziale und politische Herausforderung.“ (aus dem Grundsatzprogramm der „Allianz für den freien Sonntag“ - Österreichs)13
Die KAB - als Mitbegründerin dieser Allianz - verpflichtet sich zu einem intensiven, bewusstseinsbildenden und politischem Engagement zum Schutz der freien Sonn- und Feiertage.
4.3 - Orientierung an der Personalität
„Was gilt der Mensch?“
Jeder Mensch ist eine Persönlichkeit, etwas Einmaliges, von Gott geliebt, gewollt und daher unersetzbar! Diese menschliche Würde, die Personalität, die in der Ebenbildlichkeit Gottes gründet, schafft eine universale Gemeinsamkeit aller Menschen. Zur Entfaltung gelangen die menschlichen Anlagen, Fähigkeiten, Begabungen und Talente
- in der Gemeinschaft mit Gott
- im geschwisterlichen, würdevollen Umgang mit den Mitmenschen
- im respektvollen Umgang mit der gesamten Schöpfung
In diesen Bezügen stehend, erfüllt der Mensch seine eigenständige und selbstverantwortete Existenz im Wirken in der Gemeinschaft. Die Freiheit der Person bleibt unbenommen, sie wird aber nur dann human verwirklicht, wenn sie mit sozialer Gerechtigkeit und Liebe verbunden ist.
“Jeder junge Arbeiter und jede junge Arbeiterin ist mehr wert als alles Gold der Erde!“
Indem sich die KAB bemüht, den Satz Joseph Cardijns: „Jede/r Arbeiter/in ist mehr wert als alles Gold der Erde!“ ein Stück Wirklichkeit werden zu lassen, wirkt sie mit an der Einheit der ganzen Menschheit auf der Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Liebe.
4.4 - Orientierung an der Solidarität
„Wer ist verantwortlich?“
Für die KAB ist Solidarität grundgelegt in der Solidarität Gottes, der für uns Mensch geworden ist. Daher verstehen wir Solidarität als eine persönliche und religiöse Haltung mit universaler Reichweite, zugleich als Strukturprinzip der Gesellschaft. Solidarität steht für eine Beteiligungsgerechtigkeit, die Frieden schafft. Solidarität schließt das entschiedene Interesse und wirksame Engagement für das Leben und das Wohlergehen der anderen Menschen ein. Sie ist „soziale Liebe“, fordert eine gerechte Verteilung der Güter der Erde, die allen gehören, sowie die Gleichheit an Würde und Recht aller Menschen und deren Teilhabemöglichkeiten an gesellschaftlichen Vorgängen. Solidarität am Arbeitsplatz wurde zum Begriff des Zusammenstehens, um grundsätzliche menschliche Bedürfnisse (z. B. nach gerechtem Lohn, nach sozialer Sicherheit, nach Gesundheitsvorsorge, ...) zu erkämpfen. Die eigentliche Motivation für diesen Kampf, der die Durchsetzungsozialer Gerechtigkeit zum Ziel hat, muss die Liebe zu den Menschen sein!
„Die schwerwiegenden sozialen Probleme, die sich heute stellen, können nur gelöst werden, wenn man neue Allianzen der Solidarität bildet.“ (Libertatis conscientia, Nr. 89)14
Solidarität kommt auch zum Ausdruck durch Interesse und Engagement für
→ ausländische Arbeitnehmer/innen
→ Arme und Schwache in der Gesellschaft
→ durch internationale Vernetzung von ArbeiterInnenbewegungen
Solidarität verpflichtet die Menschen, in „gegenseitiger Verantwortung“ füreinander einzustehen. Vor allem in ihren Runden und Projekten handelt die KAB aus einer solchen Kultur der Solidarität. Darüber hinaus unterstützt sie die Arbeit von Interessensvertretungen der ArbeitnehmerInnen wie z.B. Gewerkschaften, Kammern, Betriebsräte.
4.5 - Orientierung an der Subsidarität
„Wer ist zuständig?“
Die KAB vertritt das in den sozialen Rundschreiben der Kath. Kirche betonte Prinzip des „hilfreichen Beistandes“. Das heißt: Was ein Einzelner, eine kleine Gruppe leisten, verwalten, denken, arbeiten kann, soll ihr von der nächstgrößeren nicht abgenommen werden. Umgekehrt ist es Aufgabe der größeren Einheiten, die kleineren zu unterstützen und ihnen dazu zu verhelfen, ihr eigenes Handeln zu entfalten.
Es gibt das Recht auf Hilfe, soferne Einzelpersonen und kleinere Gemeinschaften derer bedürfen.
„Jedwede Gesellschaftstätigkeit ist ... subsidiär; sie soll die Glieder des Sozialkörpers unterstützen, darf sie aber niemals zerschlagen oder aufsaugen.“ (Quadragesimo anno, 1931, Nr.79, Papst Pius XI.)15
Grundsätzlich ist Subsidiarität ein Strukturprinzip der Gesellschaft und kein Freibrief sozialstaatliche Leistungen - welche am besten vom Staat erbracht werden können - zu privatisieren.
Daher fordert und fördert die KAB Subsidiarität in allen Lebensbereichen. Wir unterstützen einerseits dezentrale und regionale Strukturen, um eine stärkere Teilhabe und Beteiligung der Menschen an politischen Entscheidungen zu ermöglichen. Andererseits wehren wir uns gegen Tendenzen übergeordneter Einheiten, sich ihrer Verantwortung zu entziehen.
4.6 - Orientierung am Gemeinwohl
„Was ist gut für das Ganze?“
Das Gemeinwohl ist die Summe aller politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen des sozialen Lebens, die es Frauen und Männern ermöglichen, ganz ihr Menschsein verwirklichen zu können.
„Das Gemeinwohl“ nimmt „heute mehr und mehr einen weltweiten Umfang“ an und umfasst „deshalb auch die Rechte und Pflichten, die die ganze Menschheit betreffen“. (II. Vatikanisches Konzil)16
Um am Gemeinwohl mitzuwirken, bedarf es der Information, der Urteilsfähigkeit, der Zivilcourage und vor allem eines wachen, gebildeten Gewissens, das den Dialog nicht nur mit sich selbst und mit anderen, sondern auch mit Gott sucht.
Die KAB leistet ihren Beitrag am Gemeinwohl, indem sie das Wohl des ganzen Menschen und aller Menschen im Auge hat. Um mehr Entscheidungen zugunsten des Gemeinwohls zu unterstützen, bietet die KAB vertrauensvolle Gemeinschaften an. Im Einsatz für soziale Gerechtigkeit und im solidarischen Engagement wirkt die KAB am Gemeinwohl mit.
4.7 Orientierung an der Nachhaltigkeit
„Was gilt es zu bewahren?“
Die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen muss zu einem zentralen Organisationsprinzip von Wirtschaft und Gesellschaft werden. Eine Orientierung an der Nachhaltigkeit verlangt ein umweltbewusstes, wirtschaftliches Handeln, das auf umweltschonende Technologien setzt, die auf deutliche Einsparung von nichterneuerbaren Rohstoffen und die Wiederverwertbarkeit von Verbrauchsgütern abzielen.
„Wir haben auch die Verantwortung für die Welt und die Menschen von morgen“ (SHB 50)17
Die KAB verpflichtet sich, den unabdingbaren Dreiklang von „Gerechtigkeit, Friede und Bewahrung der Schöpfung“ in die Arbeitswelt, Wirtschaft und Gesellschaft einzubringen. Wenn es zu Spannungen zwischen ökonomischen Wachstumsinteressen und ökologischen Erhaltungsinteressen kommt, setzt sich die KAB dafür ein, dass eine menschenwürdige Umwelt gesichert bleibt.
5. - VISIONEN der KAB
5.1. - Herausforderungen der Gegenwart
Das Weltbild ist im Wandel. Nicht Eindeutigkeit und Berechenbarkeit, sondern Vieldeutigkeit, Ungewissheit und Gleichzeitigkeit verschiedener, oftmals gegenläufiger Entwicklungen prägen das Bild am Anfang des 21. Jahrhunderts. Viele traditionelle Welterklärungssysteme haben hinsichtlich ihres umfassenden Geltungsanspruches abgedankt: Vollkommen neue Dynamiken prägen heute unser Verständnis von Wirklichkeit.
- Internationalisierung der Industrie
Die Auflösung der Grenzen zwischen verschiedenen Industriezweigen, die Entstehung neuer Spielarten des Wettbewerbs und der fortschreitende Globalisierungsprozess führen dazu, dass traditionelle nationale und regionale wirtschaftliche Rahmenbedingungen durch multilaterale Strukturen und Verfahren ersetzt werden.
- Internationalisierung des Handels
Seit 1950 ist der weltweite Warenhandel jährlich um 6,3 Prozent gewachsen. Der weltweite Konsum hat sich von 1975 bis 1998 verdoppelt (auf 24 Billionen US-Dollar).
- Internationalisierung der Kapitalströme
Zwischen 1985 und 1997 haben sich die direkten Auslandsinvestitionen der OECD-Staaten von 50 auf 382 Milliarden US-Dollar mehr als versiebenfacht. Dabei haben sich die Kapitalströme von den Warenströmen abgekoppelt und verselbständigt. Die Realwirtschaft (Güter und Dienstleistungen) macht gerade noch zwei Prozent der weltweiten Finanzwirtschaft aus.
- Internationalisierung der Informationsströme
Die Telekommunikations-Revolution der 90er Jahre ermöglichte ein exponentielles Wachstum der Informationsströme, welches jenes der Handels- und Kapitalströme übertroffen hat.
(Quelle: „Österreich neu denken“)18
Statt der Vorstellung von eindeutigen kausalen Zusammenhängen muss in der Gesellschaft ein Bewusstsein um vernetzte Wechselwirkungen im Vordergrund stehen - denn sie prägen Gesellschaft, Wirtschaft und Politik zunehmend.
5.2 Die KAB auf dem Weg ins 3. Jahrtausend
Mit dem neuen Grundsatzprogramm macht sich die KAB-Österreichs auf den Weg ins neue Jahrtausend. Im Versuch die „Zeichen der Zeit“ zu deuten, finden wir eine Welt, die beladen ist mit den Widersprüchen eines wirtschaftlichen, kulturellen und technologischen Wachstums. Es bietet wenigen Begünstigten große Möglichkeiten, während es unzählige Menschen, vom Fortschritt ausgrenzt, die sich mit Lebensbedingungen herumschlagen müssen, die weit unter der Menschenwürde liegen. Dieser Realität stellt die KAB ihre Visionen gegenüber.
Wir haben die Vision ...
von Menschen, die dort, wo sie leben und arbeiten gerechte Verhältnisse vorfinden
von einer Gesellschaft, in der Frauen und Männer gleichberechtigt und gleichbehandelt leben
von einer Politik, die den Rahmen schafft für ein freies, friedliches, gerechtes und demokratisches Miteinander
von einer Arbeitswelt, in der die Menschen ihre schöpferischen Fähigkeiten entfalten können
von einer Wirtschaft, in der die Menschen im Mittelpunkt stehen
von einer Kirche, die aus den Quellen der Bibel schöpft und ein Ort der Hoffnung ist.
Die KAB möchte „Befreiungskirche“ sein - ein Instrument, um die gesamtmenschliche Erlösung voranzutreiben - um dem Reich Gottes in der Arbeitswelt zum Durchbruch zu verhelfen.
5.3. - Forderungen der KAB
Aus den Herausforderungen und den Visionen für die Zukunft ergeben sich für die KAB-Österreichs konkrete Forderungen, welche die Arbeit in den nächsten Jahren entscheidend mitprägen werden:
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Ein eindeutiges JA zum Sozial- und Wohlfahrtsstaat, der eine Befriedigung von entscheidenden Bedürfnissen der Bürger/innen wie z. B. Gesundheit, Verkehr, Bildung, soziale Transferleistungen ... sicherstellt.
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Wir halten das Modell der „sozialen Grundsicherung“ für einen wichtigen Schritt zum Ausbau des Sozialstaates.
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Wir fordern eine partnerschaftliche Arbeitsteilung und Gleichbehandlung der Geschlechter in Familie und Gesellschaft.
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Wir fordern die Erhaltung der arbeitsfreien Sonn- und Feiertage in Österreich und engagieren uns an der „Allianz für den freien Sonntag“. Menschen sind nicht als „Rund-um-die-Uhr-Wesen“ konstruiert.
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Wir fordern von einzelnen Unternehmen und der gesamten Wirtschaft, ihre soziale und gesellschaftliche Verantwortung stärker wahrzunehmen.
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Wir fordern, dass eine Sozialverträglichkeits-Prüfung („Sozialgütesiegel“), ähnlich einer Umweltverträglichkeitsprüfung, geschaffen wird.
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Wir fordern die Weiterentwicklung der EU zu einer „Sozial-Union“. Wir sagen ein klares JA zur Erweiterung der Europäischen Union.
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Wir fordern ausreichende Informationen über die Auswirkungen des Spar-, Versicherungs- und Geldanlageverhaltens jedes/jeder Einzelnen auf die Finanzmärkte und die reale Wirtschaft.
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Die Finanzmärkte sind durch Besteuerung in die gesellschaftliche Verantwortung miteinzubeziehen. Die Politik soll durch eine demokratische Kontrolle dieser Märkte wieder steuernd eingreifen.
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„Globalisierung braucht Rahmenbedingungen!“ Das Wirtschafts- und das Geldsystem sind einer „ethischen Kontrolle“ zu unterziehen.
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Wir fordern eine Welt von Arbeit und Wirtschaft, die „den Menschen in die Mitte“stellt. Dazu orientieren wir uns an den Grundsätzen christlicher Soziallehre und fordern „Handlungsspielräume für eine Wirtschaftspolitik, um eine global nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen, in deren Zentrum gerechte Verteilung steht“. 19
Um diese Forderungen vorantreiben zu können, wird die KAB in Österreich auch in Zukunft ein Mindestmaß an Ressourcen in den einzelnen Diözesen benötigen, damit in haupt- und ehrenamtlichen Strukturen Apostolat in der Arbeitswelt verwirklicht wird.
„Unerlässlich erscheint es, dass sich die Ortskirchen immer organischer und vollendeter bemühen, im Rahmen einer angemessenen Pastoral für die Fragen und die Kultur der Berufstätigen offen zu sein, damit sie stets imstande sind, die Erlösung, die Christus in der Fülle der Zeit gewirkt hat, zu verkünden. Die Arbeiter- und Betriebsseelsorge ist in der heutigen Zeit, der Zeit eines neuen Advents, der Zeit der Erwartung, so notwendig wie nie zuvor.“ (Johannes Paul II.)20
6.1. Quellenverzeichnis
Der belgische Arbeiterpriester und spätere Kardinal Joseph Cardijn (1882 – 1967) gilt auch als Begründer der KAJ und KAB in Österreich. Bereits am Beginn des Jahrhunderts war ihm das Schicksal von jungen ArbeiterInnen ein Anliegen und er gründete in Belgien die Jungarbeiterbewegung (JOC). Durch mehrere Österreich-Besuche, vor allem aber mit seiner Methode „Sehen – Urteilen – Handeln“wurde er zur prägenden Gestalt und Impulsgeber der weltweiten Bewegung für junge ArbeiterInnen in der Katholischen Kirche. So kann die Gründungszeit der KAJ und KAB auch als „Cardijn-Bewegung“ verstanden werden.
Für die Zitate aus „Sozialenzykliken“: Übersichtstabelle im Anhang.
- Joseph Cardijn s.o.
- Aus der Sozialenzyklika „Mater et magistra“, 1961
- Aus dem Lukas-Evangelium: Lk 5,4
- Joseph Cardijn s.o.
- Aus dem Buch Genesis: Gen 1,27
- Aus dem Sozialhirtenbrief der kath. Bischöfe Österreichs: „Der Mensch ist der Weg der Kirche“, 1990
- Aus „Gerechtigkeit in der Welt“, 1971
- Joseph Cardijn s.o.
- Der Friedensnobelpreisträger Martin Luther King war Baptistenprediger, der sich für die Gleichberechtigung farbiger Amerikaner engagierte. 1968 ermordet.
- Aus der Sozialenzyklika „Centesimus annus“ (52), 1991
- Aus dem Referat „Gelebter Glaube –Engagement und Solidarität der Christen“ von Prof. Dr. Kurt Koch, Bischof von Basel
- Aus dem Buch „Option für die Armen“ von Clodovis Boff und Leonardo Pixley
- Aus dem Grundsatzprogramm der „Allianz für den freien Sonntag Österreichs“
- Aus „Libertatis conscientia“: Zweite Instruktion der Kongregation für die Glaubenslehre über die christliche Freiheit und die Befreiung, 1986
- Aus der Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ (79), 1931
- Aus „Gaudium et spes“, 1965
- Aus dem Sozialhirtenbrief (50) s.o.
- Aus der Broschüre: „Österreich neu denken“ der Vereinigung der Österreichischen Industrie, Wien 2000
- Aus der Gründungserklärung von ATTAC – Österreich: Netzwerk zur demokratischen Kontrolle der Finanzmärkte, 2000
- Aus „Die Arbeit ist für den Menschen da“ in „Insgenamenti di Giovanni Paolo II, Rom 1984
6.2. - Geschichtliche Entwicklung:
Am 6. und 7. April 1951 wurde in Attnang/Puchheim, Oberösterreich, die Gründung einer Katholischen Arbeiterbewegung Österreichs (KAB) beschlossen.
Manche der Grundsätze, die in den Gründertagen festgeschrieben wurden, belegen, dass „das werdende Reich Gottes in der Arbeitswelt“ die eigentliche Vision für die KAB - in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft - ist.
Vermenschlichung der Wirtschaft |
„Den Betrieb als Leistungsgemeinschaft mit Mitbestimmung und Mitverantwortung, daher die Überwindung des Kapitalismus und der Fremdbestimmung. Dabei bewerten wir die Arbeit als Mittel zur persönlichen Entfaltung, zur Selbsterhaltung und zur Erhöhung des Sozialproduktes. Wir treten ein für den gerechten Lohn, ... Wir verlangen das Eigentum ... auch für den Arbeiterstand, als Forderung der Gerechtigkeit.“ |
Soziale Sicherung und Aufstieg |
„Die Sicherung gegen Risiko durch soziale Einrichtungen, wie Krankenkassen, Arbeitslosenversicherung und Altersversorgung. Diese sozialen Einrichtungen sind der Freiheit und Würde des Menschen einzuordnen. Wir erstreben außerdem größere Sicherung des Arbeitsplatzes und erhöhten Kündigungsschutz. Wir erstreben durch Eigentumsbildung den Aufstieg des Arbeiterstandes.“ |
Gesellschaftliche Achtung |
„Die allgemeine Achtung und gesellschaftliche Gleichstellung, die Überwindung des nach Besitz ausgerichteten gesellschaftlichen Ansehens. Wir treten ein für die Gesundung der Familie, ihre Sicherung und gesellschaftliche Achtung. Wir treten ein für die arbeitsrechtliche Gleichstellung der Frau ...“ |
Gleichwertige Arbeiterbildung |
„Wir erheben Anspruch, auf die Gestaltung der kulturellen Einrichtungen Einfluss auszuüben und uns ihrer zu bedienen.“ |
Gerechte Arbeitervertretung |
„Die verhältnismäßige Vertretung der Arbeiterschaft im öffentlichen Raum ... Wir stellen uns auf den Boden der demokratischen Verfassung, bejahen sie und lehnen jedwede D |