Unsere Jugend - Lebensentwurf 4.0 - unsere Aufgabe! Ein Stammtisch-Abend mit Franz Josef Krafeld
Man sagt es oft, aber jetzt kann man es wirklich sagen: Die Zeiten haben sich geändert. Seit den 70er Jahren erweitert sich die Kluft zwischen ersehnten Lebenskonzepten und Lebensrealitäten immer mehr. Jugendliche wollen das, was jedeR will: Etwas werden, einen Beruf nachgehen und darauf ein gutes Leben aufbauen. In der aktuellen Gesellschaft gibt es leider kein klares Rezept mehr, wie das gelingen kann. Eltern sind in ihrer Rolle unsicher und Jugendliche spüren, dass alte Muster und Ratschläge nicht mehr funktionieren. In den ersten fünf Jahren nach Schulschluss sind Jugendliche im Schnitt mindestens einmal arbeitslos. Und Arbeitslosigkeit gleicht „Pflichtanwesenheit in einem Geisterbahnhof“: Es fahren keine Züge mehr ab, aber jedeR muss pünktlich zur Stelle sein, sich an den Schaltern anstellen und Fahrscheine kaufen, deren Besitz streng kontrolliert wird. Man wird bestraft, den Zug, der nie abgefahren ist, verpasst zu haben.
Jugendlichen mit Respekt begegnen
Junge Menschen können sich die Bedingungen in denen sie aufwachsen nicht aussuchen. Und sie können mit ihrem Aufwachsen auch nicht warten, bis sich die Zeiten gebessert haben. Sie sind herausgefordert, sich an ihren Weg durch den Nebel heranzutasten und bauen Überlebenskompetenzen auf, die uns Erwachsenen manchmal fremd erscheinen. Erwachsene haben die Aufgabe, die Realität dieses Herantastens anzuerkennen, statt sie zu leugnen. Es bringt uns weiter, uns für die Suchprozesse unserer Jugend zu interessieren und uns mit Neugierde ihre Denkweisen erklären zu lassen. Auch wenn diese Suchprozesse oder Denkweisen erschreckende Formen annehmen, ist es zielführender, nicht auf die Defizite oder Probleme zu fokussieren, sondern sich weiter auf Augenhöhe über die Hoffnungen und Strategien auszutauschen – trotz allem.
Franz Josef Krafeld hat ganz bewusst das Politische außer Acht gelassen. Doch dass Jugendliche politisch nicht aktiv sind, stimmt nicht. Auch sind sie in spezifischen Lebenssituationen oft solidarischer als Erwachsene und setzen sich gerne ehrenamtlich ein.
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Freundschaft ist das Wichtigste auf der Welt und nimmt einen viel prominenteren Platz ein als alles Materielle. Sie haben den Glauben an größere Strukturen verloren, das stimmt. Aber soll uns das wundern? PolitikerInnen sagen heute A, morgen B, und übermorgen gibt es einen Skandal, der zeigt, dass sie schlussendlich C gemacht haben. Klima-Erwärmung, Armutsbekämpfung oder auch Raum für Jugendliche, um sich entfalten zu können – das sind Bereiche, wo die Politik kaum Schritte vorwärts setzt!
In der lebendigen Diskussion mit den TeilnehmerInnen hat sich gezeigt, dass der Referent klare politische Ansichten hat und auch viele Forderungen und Ansichten der KAB teilt: Die Pensionsfrage muss solidarisch geklärt werden, es müsse Freiraum und Menschlichkeit geben für Arbeitslosen, statt ständiger Kontrolle und Hetze. Der Sozialstaat soll gestärkt und geschützt werden. Die Erträge der Wirtschaft sollen gerechter verteilt werden. Und wir sollen vor allem aufhören, den Leistungsbegriff so heuchlerisch zu verwenden.
Insgesamt lässt sich sagen, dass wir alle – Jugend und Erwachsene – in einer "Nebelsuppe" stecken. Es geht darum, gemeinsam auf vernünftige Weise Auswegen zu suchen. Und wie dieses gemeinsame Suchen gestaltet werden kann, dafür hat uns Franz Josef Krafeld viele Anregungen mitgegeben.
Stefan Robbrecht-Roller
Der Sozialstammtisch ist eine Veranstaltungsreihe in Kooperation von Cardijn Haus, Bischöfliche Arbeitslosenstftung, Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung OÖ, Sozialreferat der Diözese Linz, Treffpunkt mensch & arbeit Linz-Mitte, ÖGB-OÖ Bereich Bildung und Zukunftsfragen