"Zuerst ist man Mensch"
Erinnerungen von Margit und Heinz Fischer in Buchform
25 Jahre war Heinz Fischer in den höchsten Ämtern unseres Landes als Präsident des Nationalrates und als Bundespräsident tätig. Damit war er der am längsten amtierende Politiker Österreichs in präsidialen Ämtern. Seine Gattin Margit Fischer, eine passionierte Fotografin, „verwaltet“ die fotografischen Dokumente dieses öffentlichen und privaten Lebens auf liebenswerteste Weise: In meterlangen Archivregalen finden sich jene Momente des Lebens der Familie Fischer in Fotoalben versammelt, die sie selbst als erinnernswert empfindet. Das Buch „Erinnerungen in Bildern und Geschichten“ zeigt die schönsten und berührendsten Bilder, begleitet von den Erinnerungen von Margit und Heinz Fischer, und beleuchtet nicht nur die private Dimension, sondern schreibt vor allem auch ein Stück Zeitgeschichte. Der Inhalt und der Bilderreichtum des Buches fungierten als Basis für das Publikumsgespräch.
Es kann regnen, stürmen oder schneien – er kommt!
Trotz des extremen Glatteises waren knapp 100 Menschen gekommen, um Heinz Fisher zu hören. Wetterbedingt kam er eine halbe Stunde verspätet, aber das Brötchen-Buffet des Jugendprojekts "ju-can" sorgte für ein gemütliches Warten. Margit Fischer war leider wegen einer Erkrankung entschuldigt: „Schade!“, so Verlagsleiter und Moderator Lois Lammerhuber. „Es ist schön zu sehen, wie die beiden sich ausgleichen, wie sie seine Geschichten hin und wieder in eine andere Perspektive rückt.“
Erzählt hat uns Heinz Fischer genug. Ob über seine Beziehung zu Fidel Castro oder Henry Kissinger, die Ära Bruno Kreiskys oder einen improvisierten Termin mit Yasser Arafat und Kardinal König. Es gibt menschliche Beziehungen neben den politisch-strategischen Aufgaben. Shimon Peres war ein guter Freund, seinen letzten Staatsbesuch 2004 hat er Österreich abgestattet. Mit Henry Kissinger trifft Heinz sich noch jedes Mal, wenn er in New York ist.
Im Gespräch
Über die aktuelle politische Lage in der Welt äußerte sich Heinz Fischer diplomatisch. Wie für viele andere EuropäerInnen ist für ihn Donald Trumps Agieren alarmierend, er verweist aber auf die Allgemeingültigkeit von demokratische Wahlen.
Es kamen Fragen über die Spaltung der Gesellschaft, den mangelnden Tatendrang der Politik. Seiner Meinung nach muss man diese Entwicklungen in einem größeren Zusammenhang sehen. Am Anfang der Zweiten Republik, nach dem Ende der Diktatur des Nationalsozialismus, gab es ein Aufatmen in Österreich – ein gutes Gefühl, Aufschwung und hoffnungsvolle Kraft. Man kann dieses Gefühl nicht ewig aufrecht halten. „Die Politik hat nicht alle Antworten, und das ist gut so. Nur totalitäre Regime behaupten, alle Probleme lösen zu können. Laut meiner Erfahrung bringen Lösungen immer wieder neue Probleme mit sich, auch wenn wir langsam vorwärts kommen um eine bessere Welt zu schaffen“, so der Ex-Präsident. „Die Rolle der traditionell großen Parteien (SPÖ und ÖVP) als Meinungsbildnerinnen nähert sich dem Null-Punkt. Die junge Generation, aufgewachsen mit sozialen Medien, muss sich ihren eigenen Weg suchen. So ist das nun einmal mit der Geschichte.“
Heinz Fischer nahm sich noch Zeit, Bücher zu signieren und sich mit zahlreichen Anwesenden fotografieren zu lassen. Es war seine erste Buchpräsentation in Oberösterreich und sein erster öffentlicher Auftritt nach der Angelobung seines Nachfolgers Alexander Van der Bellen.
Stefan Robbrecht-Roller