Erinnern an die Menschlichkeit – eine Spurensuche
Die Betroffenheit der Teilnehmerinnen war groß: Geschichten und Erzählungen von ZeitzeugInnen wurden an den jeweiligen Orten gelesen und spannten den Bogen auch zu heute. In jenen unmenschlichen Zeiten war aber immer auch Platz für Menschlichkeit und Solidarität.
Gunskirchen sollte im April 1945 zu einem Auffanglager für mehr als 20.000 jüdische Häftlinge werden, die ab Herbst 1944 vermehrt im Lagerkomplex Mauthausen und Gusen eintrafen. Kranke, arbeitsunfähige und ständig aus anderen Lagern des Deutschen des Reiches neuankommende Jüdinnen und Juden wurden im provisorischen Zeltlager von Mauthausen unter menschenunwürdigsten Bedingungen gefangen gehalten, sodass es in diesem Lagerbereich zu einem nicht mehr registrierten Massensterben kam. Die Verantwortlichen für das KZ Mauthausen wollten daher die Insassen des Zeltlagers loswerden, weil sie eine sanitäre Belastung und Gefahr für das Hauptlager darstellten.
„Die völlig entkräfteten Menschen mussten sich von Mauthausen zurück nach Enns und Asten und von dort über St. Florian, Ansfelden, Pucking, Weißkirchen, Schleißheim, Thalheim und Wels nach Gunskirchen schleppen. Die Opferzahl auf dieser letzten, 55 Kilometer langen Etappe war erschreckend. Allein auf den ersten vier Kilometern, zwischen Mauthausen und der Eisenbahnbrücke, sollen 800 Häftlinge erschossen worden sein, um die Schwächsten und Langsamsten gleich zu Beginn zu eliminieren. Die genaue Opferzahl dieses Todesmarsches kann nicht mehr festgestellt werden, Schätzungen belaufen sich auf bis zu 6000 Tote.“ So schreibt Eleonore Lappin vom Institut für Geschichte der Juden in Österreich.
Zahlreiche Gedenkstätten, an denen bei dieser „Spurensuche“ angehalten wurde, bezeugen die Menschen verachtenden Verbrechen. Mit dieser Fahrt wurde nicht nur der vielen Ermordeten gedacht, sondern auch die Erinnerungen derer gewürdigt, die überleben konnten. Es wurde sichtbar, dass auch in dieser barbarischen Zeit menschliches Handeln möglich war, wie exemplarisch das Beispiel der Familie Friedmann in Kristein zeigt. Sie haben den Juden David Hersch, dem es gelang, sich beim Kristeinerbach in die Büsche zu schlagen, in ihrem Haus versteckt und unter Gefahr für ihr eigenes Leben bis zum Tag der Befreiung versorgt. Auf die Frage, warum sie geholfen haben, gibt ein Zeitzeugeninterview, das Prof. Peter Kammerstätter Anfang der 70er Jahre führte, Antwort: „Mensch ist Mensch.“
Die Fahrt entlang der Todesmarschroute, veranstaltet von der Plattform „Wider das Vergessen“ und der Vernetzungsplattform der Todesmarschgemeinden in Kooperation mit MauthausenKomitee Ansfelden und Neuhofen und dem Kath. Bildungswerk Pucking, war der Auftakt für eine breitere Vernetzung der Gemeinden entlang des Todesmarsches mit dem Ziel, die jüngere Geschichte gerade auch vor Ort sichtbar zu machen.
Weitere Information bei Fritz Käferböck-Stelzer, 0676 8776 3670 bzw. unter
mensch-arbeit.nettingsdorf@dioezese-linz