Neubewertung von Frauenarbeit und arbeits- und sozialrechtliche Absicherung gefordert
Die Veranstaltung bot Frauen die Möglichkeit, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen, gesetzliche Rahmenbedingungen zu diskutieren und direkt vor Ort Rechtsberatung von ExpertInnen zu erhalten.
Erwerbsarbeit ist ein wichtiger Faktor, um Armut zu vermeiden. Aber nicht jede Arbeit bringt genug Geld zum Überleben. Atypische Arbeit ist vorwiegend weiblich und zieht sich quer über alle Branchen, jedes Alter und alle Ausbildungstypen. Bei der gemeinsamen Tagung forderten ÖGB-Frauen, Betriebsseelsorge und KAB Oberösterreich eine Neubewertung von Frauenarbeit und arbeitsrechtliche Absicherung, bezahlten Urlaub, Mindestlöhne oder -honorare und Kündigungsschutz für alle Beschäftigungsformen.
Frauenarbeit konkret
Als Einstieg boten die Gruppe „Weltweiber“ Einblicke in reale Frauenarbeitswelten. Massiv stellt sich die Frage nach Gerechtigkeit, wenn beispielsweise eine Frau nur mit Hilfe von drei Jobs mit ihren Kindern finanziell über die Runden kommt. Frühmorgens putzen, vormittags Busbegleitung, nachmittags kellnern – dazu nur bei einer dieser drei Arbeitsstellen auch angemeldet: Zu oft verläuft Frauenleben in ungesicherten und finanziell eng gesteckten Bahnen unter Mehrfachbelastungen. Um ihren Betreuungspflichten nachkommen zu können, wird atypische Arbeit häufig als einzige Möglichkeit von Frauen „freiwillig“ gewählt und erweist sich später als (Armuts-)Falle.
Was sich ändern muss, damit atypische Arbeit nicht zur Armutsfalle wird, skizzierte Staatssekretärin Heidrun Silhavy in ihrem Referat: „Der Begriff ‚ArbeitnehmerIn’ muss ausgeweitet werden. Wer wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängig ist, muss als ArbeitnehmerIn gelten. Und alle ArbeitnehmerInnen müssen in die Pflichtversicherung aufgenommen werden.“ Das sei vor allem im Hinblick auf die explodierende Zahl geringfügig beschäftigter Frauen notwendig. „Im Jahr 1996 waren gut 100.000 Frauen geringfügig beschäftigt. Im Jahr 2007 sind es bereits mehr als 170.000“, berichtet Silhavy.
Beruf und Familie unter einen Hut bringen
Auch Teilzeitarbeit bringe in vielen Fällen einen Karriereknick. Zwar dürften Teilzeitbeschäftigte gegenüber Vollzeitkräften nicht diskriminiert werden, die Realität zeige aber, dass sie weniger Chancen auf betriebliche Weiterbildung und schlechtere Aufstiegsschancen hätten. „Leistbare, flexible Kinderbetreuungsplätze und Arbeitszeiten, die sich auch an den Bedürfnissen der ArbeitnehmerInnen orientieren, würden die Probleme mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie wesentlich entschärften“, sagt ÖGB-Landesfrauenvorsitzende Christine Lengauer.
Neubewertung von Frauenarbeit nötig
Damit für Frauen und Männer eine echte Wahlmöglichkeit entsteht, sei eine grundsätzliche Aufwertung von Frauenarbeit nötig. Dazu müsse sich die Berufstätigkeit von Frauen vom Etikett „Zuverdienst“ lösen. „Frauen- und Männerberufe sollen entsprechend den gegenwärtigen gesellschaftspolitischen Anforderungen neu und unabhängig von traditionellen Zuschreibungen bewertet werden“, fordert Anna Wall-Strasser, Leiterin der Betriebsseelsorge.
Die Gesellschaft – und vor allem auch die Arbeitgeber – müssten sich von alten Denkmustern verabschieden. Auch Männer wollen nicht rund um die Uhr für den Arbeitgeber verfügbar sein. Das Ziel ist, dass beiden Geschlechtern eine gleichberechtigte Teilnahme am Arbeitsleben und am Familienleben ermöglicht wird.