Arbeitslos, krank, alt – drei Wege in die Armut
Etwa 250 TeilnehmerInnen folgten mit Interesse den Schwerpunkt-Vorträgen von Nikolaus Dimmel (Universität Salzburg) zu „Arbeitswelt und Armut“, Matthias Till (Statistik Austria) zu „Generationen und Armut“ und Claudia Habl (Österr. Bundesinstitut für Gesundheitswesen) zu „Gesundheit und Armut“. Die anschließende Podiumsdiskussion beschäftigte sich mit der Frage nach der Verantwortung für die Armut in Oberösterreich.
Bestimmte Lebenssituationen begünstigen die Entstehung von Armut
Arbeitslos, alt und krank – Titel gebend für diese Enquete – sind drei Lebenssituationen, die überdurchschnittlich oft zu Armut führen. Auch gewisse Gruppen haben ein erheblich erhöhtes Armutsgefährdungsrisiko, etwa MigrantInnen und Frauen, besonders im Alter, weiters Haushalte mit drei und mehr Kindern und Ein-Eltern-Haushalte.
Arm-Sein heißt: schlechtes oder zuwenig Essen, keine ausreichende Heizung für die Wohnung, Zahlungsprobleme bei unerwarteten Ausgaben, kein Geld für Erholung oder Urlaub. 10 % der OberösterreicherInnen sind armutsgefährdet, 4 % leben in manifester Armut. 28 % erleben materielle und dadurch auch soziale Einschränkungen. Wenn Armut vorübergehend auftritt, z. B. in Ausbildungssituationen wird sie für Außenstehende kaum sichtbar. Oft erst wenn Menschen dauerhaft betroffen sind, z. B. aufgrund eines schlechten Gesundheitszustandes oder fehlender Berufsausbildung, lässt sich Armut nicht länger verstecken.
Bei der Podiumsdiskussion zeigten die anwesenden Vertreter von Politik und Sozialpartner klar auf, dass die je entsprechende Verantwortung für Armut in Oberösterreich zu übernehmen sei. Ein Distanzieren davon sei unvorstellbar.
Aus ihrem je spezifischen Erfahrungshintergrund brachten die Diskutanten weitere armutsgefährdete Gruppen zur Sprache wie etwa die Gruppe der working poor, Menschen denen trotz Vollzeit-Arbeit kein ausreichendes Einkommen zur Verfügung steht.
Bischofsvikar Josef Mayr, für die Katholischen Kirche OÖ am Podium, spricht die Spannung zwischen der Notwendigkeit von individueller Hilfe und gesamtgesellschaftlicher Strukturveränderung zur Verringerung von Armut an. Die Kirche fühlt sich für das „Heil“ der Menschen im umfassenden Sinne (Körper, Seele, Geist) verantwortlich und im Besonderen den Armen verpflichtet. Deshalb engagiert sie sich sehr in der individuellen Hilfe, Beratung und Unterstützung. Im Bereich des Strukturellen, der gesellschaftlichen Appelle und Forderungen gibt es einige wichtige Dokumente, wie zum Beispiel den Sozialhirtenbrief und das ökumenische Sozialwort der christlichen Kirchen. Mit diesen Appellen und Forderungen - die sowohl an die Kirche selbst, wie auch an die Politik und die Gesellschaft gerichtet sind - muss die Kirche jedoch achtsam umgehen, damit jener große Teil an Kirchenmitglieder, die dem Mittelstand angehören, diese Forderungen auch mittragen können und sie nicht fälschlicherweise als gegen sie gerichtet auffassen.
Konkrete Vorschläge zur Verringerung der Armut in Oberösterreich brachte das
Armutsnetzwerk in die Diskussion ein, z. B.
- Erhöhung der Nettoersatzrate des Arbeitslosengeldes zumindest auf EU-Durchschnitt von 70 %.
- Erhöhung des Zuschusses des Bildungskontos vom Land OÖ und Umstellung auf frühere Auszahlung durch Vorschusszahlungen für Armutsgefährdete
- Krankenversicherung (E-Card) für SozialhilfebezieherInnen
- Besserer Zugang und mehr Angebote für Psychotherapie auf Krankenschein, besonders für MigrantInnen
Informationen zum Armutsnetzwerk OÖ:
Armutsnetzwerk OÖ
c/o Sozialplattform OÖ
Schillerstraße 9
4020 Linz
0732-66 75 94
http://www.armutsnetzwerk-ooe.at/