60 Jahre Treffpunkt mensch & arbeit am Standort voestalpine
Kirche am Ort der Arbeit
Im September 1953 begann Josef Holzmann als ‚Werk- und Lagerkaplan’ in den Barackensiedlungen die Voestpendler zu betreuen und in der Werksschule Religion zu unterrichten. Bereits 1955 fand die erste Barbarafeier zum Gedenken an die Verunglückten und Verstorbenen des Werkes in der Kirche am Bindermichl statt. Unter Hans Innerlohinger wurde 1968 ein neues Haus in der Wahringerstraße gebaut – eine Kirche ohne Turm und Glocke, dafür mit einer Bar und einem Seelsorger mit Gastwirt-Konzession. Aus der ‚Katholischen Werksgemeinschaft’ wurde die ‚christliche Betriebsgemeinde Voest’, mit regelmäßigen Gottesdiensten, mit Arbeiter- und Familienrunden, Urlaubswochen, Jugendrunden und Discos. Kompromisslos und klar bezog Kaplan Innerlohinger Stellung für gerechtere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen und wich keiner Konfrontation aus.
Ab Herbst 1983 übernahm Hans Wührer für 17 Jahre die Stelle des ‚Voest-Pfarrers’. Er fasst seine Erfahrungen zusammen: „ … ein Spagat zwischen Belegschaft, Betriebsrat, Management – oder: Streiten und Brückenbauen“. Im Rahmen der 50-Jahr-Feier der Voestalpine ersuchte die Werksleitung 1995 um die Ausrichtung eines Gottesdienstes, der von vielen als Höhepunkt des Firmenjubiläums erlebt wurde – ein klares Zeichen von der hohen Wertschätzung für diesen Dienst der Kirche in der Arbeitswelt.
Ab 1986 wurde zusätzlich eine Frau für die Seelsorge angestellt. Maria Merzinger war die erste Pastoralarbeiterin für die Mitarbeiterinnen in Büro, Ambulanz, Reinigung, Küchen und Kantinen.
Kirche geht mit
Die Menschen im Werk erlebten ab den 80er-Jahren schwierige Zeiten. Von der Stahlkrise Anfang der 80er-Jahre, die zur Verstaatlichten-Krise wurde, über die Privatisierung mit Versuchen der völligen Zerschlagung 2003 bis zur Wirtschaftskrise 2009 hat sich jetzt die Zahl der Voest-Beschäftigten in Linz von 28.000 auf 14.000 halbiert. Jene, die geblieben sind, müssen mit ständigen Veränderungen und steigendem Druck fertig werden.
Ein besonderes Zeichen des Mit-Gehens setzte Rupert Granegger, der 2001 seinen Dienst als Voestkaplan aufnahm. Fünf Jahre lang teilte er als Klimatechniker Freud und Leid des Berufslebens mit den Kollegen. Mit Gottesdiensten im Werk – zum Beispiel am 1. Mai – wurde die Verbindung von Glaube und Leben spürbar.
Von 2009 bis 2011 leitete Granegger den architektonisch vielbeachteten Neubau des neuen Treffpunkts mensch & arbeit in der Wahringerstraße. Hier gibt es nun wieder eine Glocke – sie steht am Boden des Innenhofs in einer Schallgrube und sorgt für ‚bodenständiges Geläut’.
Eine Oase inmitten der industriellen Arbeitswelt
Mit Ende August 2013 beendete Rupert Granegger seine Tätigkeit als Priester in der Betriebsseelsorge am Standort voestalpine.
Die Seelsorge für die Beschäftigten in der voestalpine und den vielen anderen Betrieben am Standort wird ab September vom pastoralen Team des Treffpunkts mensch & arbeit weitergeführt. Leiterin ist seit einem Jahr Dr.in Martina Hoffelner, Mag. Thomas Hammerl steht als Jugendleiter den Lehrlingen und jungen Erwachsenen zur Verfügung. Eine große Zahl an Ehrenamtlichen mit dem Voest-Arbeiter Reinhold Grausam als Gemeindeleiter leistet Unverzichtbares, vom Dienst an der Bar über soziale und öffentliche Aktionen bis zur Leitung und Gestaltung von Gottesdiensten. So beteiligte sich der Treffpunkt vergangenen Samstag auch am MitarbeiterInnen-Tag der voestalpine, und präsentierte sich dabei als offenes Haus für Gespräche, Veranstaltungen und Feiern.
Die SeelsorgerInnen bieten Begleitung im Alltag und in besonderen Lebenssituationen. „Wir wollen, dass es in der Arbeitswelt gerecht und menschlich zugeht, und wir sind da, wenn uns die Menschen brauchen“ – so Martina Hoffelner.
Derzeit steht kein Priester vor Ort zur Verfügung. Die Gottesdienste und liturgischen Feiern werden von dafür ausgebildeten Männern und Frauen geleitet, die sakramentalen Dienste werden von verschiedenen Priestern aus den Raum Linz wahrgenommen.