„Ich habe einen Stein umarmt und nur mehr geweint!“
Rund 60 Menschen waren gekommen um zu erzählen, zu hören, sich betreffen zu lassen von unterschiedlichsten Fluchtgeschichten quer durch die Zeiten.
Mit 64 anderen Menschen sei er im Boot gesessen, Männer, Frauen und Kinder, und das ohne Schwimmwesten. Hohe Wellen ließen das Boot schaukeln, Todesangst gemischt mit Hoffnungslosigkeit waren bestimmend. Er habe nicht mehr geglaubt, das zu überleben. Und dann habe er am Strand einen Stein umarmt und geweint, lange nur geweint. Fluchtbewegungen über Meere und quer durch Europa prägen unsere Zeit. Menschen verlassen ihre Heimat, ihre Familien, ihre vertraute Lebensumfelder, weil das Leben dort unerträglich und lebensgefährlich geworden ist.
Lange Flüchtlingstradition in Oberösterreich
Michael John von der JKU Linz bettete die Fluchtgeschichten ein in eine Flüchtlingstradition seit 1945: Lt. amerikanischer Schätzung lebten damals 800 000 Flüchtlinge mit rund 800 000 OberösterreicherInnen, vorwiegend Frauen, in Oberösterreich. 500 davon in Haid. Als „Displaced Persons“ gab es in einem selbst armen Umfeld vor allem von den Amerikanern und der UNO organisierte Unterstützung. 1956 kamen 180 000 Ungarn nach Österreich, 18 000 blieben. 1968 kamen aus der damaligen CSSR 162 000 Menschen, von denen viele wieder nach Veränderung der Verhältnisse zurückgingen und rund 12 000 in Österreich blieben. Bemerkenswert in der damaligen Zeit war, dass es keine ablehnende Haltung oder Fremdenfeindlichkeit den Flüchtlingen gegenüber gab.
Das war von 1992 bis 1994, als rund 90 000 Menschen aus Bosnien flüchteten schon anders. Und auch die Betreuungsstruktur, die bis dahin vorwiegend in staatlicher Hand lag, wurde immer mehr in Richtung privater Organisationen verlagert. Eine Frau, die selbst mit ihrer Mutter und Schwester als Flüchtling im Lager in Haid aufgewachsen ist, erzählte, dass sie, die selbst wenig hatten, in der Barackenwohnung noch ungarische Flüchtlinge aufgenommen haben.
Spürbar an diesem Abend war auch die gute Verbindung von AnsfeldnerInnen mit den Flüchtlingen im Quartier Traunuferstraße. Die "Tandems" greifen gut, es gibt jedoch noch Bedarf an Menschen, die mit den Flüchtlingen Deutsch sprechen, sich auf einen Kaffee treffen wollen, sich gemeinsam Aktivitäten in der Freizeit vorstellen können. Denn die Einsamkeit und das Nichts-Tun können und dürfen ist prägend. Allein hier zu sein und die Familien und Kinder in der Kriegsgefahr zu wissen, selbst im Status der Unsicherheit im Asylverfahren zu sein, beziehungsweise überhaupt noch auf das Interview zu warten, ist zermürbend. Da ist es wichtig und gut, wenn Menschen aus Ansfelden da sind, die mit den Flüchtlingen den Alltag verbringen.
Fritz Käferböck-Stelzer, Treffpunkt mensch & arbeit Nettningsdorf