Geh_denken 2024
Demokratie braucht Erinnerung und Menschenrechte
„Wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht“. Mit Bertolt Brecht hat sich die Plattform „Wider das Vergessen“ in Ansfelden beim diesjährigen Gehdenken an die Ermordeten der Todesmärsche von Mauthausen/Gusen nach Gunskirchen dem Thema „Recht und Gerechtigkeit – jede und jeder ist jemand“ angenähert. Wo Unrecht keimt, gilt es, den Rechtsstaat mit alle seinen Grund- und Menschenrechten, mit den Minderheitenrechten, die er hat, zu schützen und zu verteidigen – gegen diejenigen, die sich das Recht nach ihrer politischen Ideologie gestalten wollen und damit ihren Unrechtsstaat durchsetzen wollen.
In der Gedenkrede wurden einige Fragen aufgeworfen. Gibt es Gerechtigkeit im Recht? Sind beispielsweise Gesetze, die die Abschiebung von Migrant:innen regeln, gerecht? Oder Gesetze, die Bettelverbote verhängen? Ferdinand von Schirach, Enkel des NS-Reichsjugendführers Baldur von Schirach, der sich mit genau diesen Bruchlinien zwischen Recht und Gerechtigkeit in seinen Werken auseinandersetzt, selbst Strafverteidiger, sagt über die Justiz: „Wir sprechen [...] nicht Gerechtigkeit, sondern Recht“.“ Verwiesen wurde auch auf die Menschenrechte als Grundlage unserer Verfassung. Artikel 1, Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, 10.12.1948: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen."
Ein Transparent an der Kremsbrücke mit der Aufschrift RECHT lud die Teilnehmer:innen des Gehdenkens zu Wortspiele ein und zum Nach- und Weiterdenken: Un-RECHT, Ge-RECHT-igkeit, RECHT-los. Das Transparent bleibt bis Mitte Mai als Denkort. Schüler:innen der NMS Ansfelden machten ihren Beitrag und ihre Überlegungen mit Plakaten sichtbar. Schulrecht, Recht auf Kultur, gerechter Lohn, gerechte Justiz waren nur ein paar Überschriften darauf. Und ein Zitat: "Ein gutes Aussehen übersieht niemand, aber ein gutes Herz ist leicht zu übersehen."
Eine funktionierende Demokratie braucht Orte der Erinnerung. Das Gehdenken in Ansfelden ist ein solcher.
Fritz Käferböck-Stelzer, Treffpunkt mensch & arbeit Nettingsdorf