Mit langem Atem das Mögliche tun
Etwa 90 Personen folgten mit Interesse den Ausführungen der beiden Referenten über die Wirksamkeit von Politik.
Für Hans Gruber hat sich in den 68ern bei den Protesten gegen den Vietnamkrieg sowie gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf und das Wasserkraftwerk in der Hainburger Au in den 70er Jahren Eines klar gezeigt: bei den ersten spektakulären Protestaktionen ist es möglich, viele Menschen zu aktivieren und zu motivieren. Haben sich die Wogen jedoch wieder etwas geglättet, braucht es den harten Kern, der sich die Zeit nimmt und die Möglichkeit hat, sich auch weiterhin intensiv dem Thema zu widmen. So entwickelte sich aus dem Widerstand gegen den Krieg die Friedensbewegung, die dann von einer Kerngruppe vorangetrieben und aufrecht erhalten wurde. Eine Ökobewegung entwickelte sich aus den AktivistInnen rund um die Kraftwerksgegner.
Neben der Revolution durch die Basis sind für Gruber aber auch die Macht habenden Personen von wesentlicher Bedeutung, damit politische Aktivitäten und Umbrüche gelingen können. Konfliktsituationen können eskalieren, wie wir es im Krieg im ehemaligen Jugoslawien sehen konnten. Die Trennung von Tschechien und der Slowakei hingegen ging unter Vaclav Havel friedlich ohne einen einzigen Schuss über die Bühne.
Neue Formen des Protests
Die Klage, dass es keine Protestkultur wie damals mehr gäbe, verschleiert den Blick – denn es haben sich neue Formen entwickelt. Gruber beobachtet eine neue Demonstrationskultur, als Beispiele nennt er attac, Greenpeace und die Occupy -Bewegung. Die TrägerInnen dieser Proteste nutzen Social Media und die schnellen Kommunikationsmöglichkeiten, um sich zu organisieren. Wer behauptet, dass es kein politisches Interesse gibt, ignoriert diese Protestformen.
Demokratie braucht Zeit
Für Minister Stöger muss ein guter Politiker stets auf Augenhöhe mit den verschiedenen VerhandlungspartnerInnen bleiben, auch wenn das Gegenüber sich an anderen Werten orientiert und die Verhandlungen schwierig sind. Dadurch zeichnet sich ein guter Demokrat oder eine Demokratin aus. Die Ergebnisse demokratischer Prozesse sind so zwangsläufig meist Kompromisse. Stöger hält es für problematisch, Kompromisse von vornherein als faul zu klassifizieren, da der Interessensausgleich notwendiger Weise Ziel von Verhandlungen ist.
Verhandlungen brauchen Zeit, oft auch viel Zeit. Das mag für viele frustrierend sein. Kommunikation hat durch die technischen Entwicklungen an Geschwindigkeit zugenommen. Eine Art „Gleichzeitigkeit“ ist entstanden, an die wir gewohnt sind, so Stöger. In der Politik gibt es aber häufig Ungleichzeitigkeit. Die Ergebnisfindung dauert je größer die eingebundenen Gruppen sind immer länger, auf globaler Ebene sogar mehrere Jahre und manchmal Jahrzehnte. Aber Demokratie braucht Zeit, betont Stöger.
Auch der Antrieb sich für Anliegen einzusetzen hat sich nach Meinung des Ministers geändert. Entstand die ArbeiterInnenbewegung aus einer „Solidarität der Not“ – sie wollten ihre Lebensgrundlage sichern – werden die Menschen heute aufgrund der „Solidarität der Angst“ aktiv, wie es der Forscher Ulrich Beck formuliert. Das heißt aber auch, so Stöger, dass Angst ein politisches Mittel ist, mit dem eigene Interessen durchgesetzt werden können.
Nötige Rahmenbedingungen
Grundvoraussetzung damit Menschen sich überhaupt in die politischen Gestaltungsprozesse einbringen können ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt: gesicherte Lebensgrundlagen und einen Rechtsstaat, auf den sich die Menschen verlassen können. Demokratie befindet sich ständig in Veränderung und muss gelernt und entwickelt werden, Marktmechanismen können und dürfen politische Prozesse und Entscheidungen nicht ersetzen.
Politik heißt, das Mögliche zu tun in der Zeit und in der Kultur, in der wir leben. Das ist der Auftrag für die Zukunft - so das abschließende Resümee des Abends.
Text: Lucia Göbesberger, Sozialreferat & Martha Stollmayer, KAB OÖ
Für Hans Gruber hat sich in den 68ern bei den Protesten gegen den Vietnamkrieg sowie gegen das Atomkraftwerk Zwentendorf und das Wasserkraftwerk in der Hainburger Au in den 70er Jahren Eines klar gezeigt: bei den ersten spektakulären Protestaktionen ist es möglich, viele Menschen zu aktivieren und zu motivieren. Haben sich die Wogen jedoch wieder etwas geglättet, braucht es den harten Kern, der sich die Zeit nimmt und die Möglichkeit hat, sich auch weiterhin intensiv dem Thema zu widmen. So entwickelte sich aus dem Widerstand gegen den Krieg die Friedensbewegung, die dann von einer Kerngruppe vorangetrieben und aufrecht erhalten wurde. Eine Ökobewegung entwickelte sich aus den AktivistInnen rund um die Kraftwerksgegner.
Neben der Revolution durch die Basis sind für Gruber aber auch die Macht habenden Personen von wesentlicher Bedeutung, damit politische Aktivitäten und Umbrüche gelingen können. Konfliktsituationen können eskalieren, wie wir es im Krieg im ehemaligen Jugoslawien sehen konnten. Die Trennung von Tschechien und der Slowakei hingegen ging unter Vaclav Havel friedlich ohne einen einzigen Schuss über die Bühne.
Neue Formen des Protests
Die Klage, dass es keine Protestkultur wie damals mehr gäbe, verschleiert den Blick – denn es haben sich neue Formen entwickelt. Gruber beobachtet eine neue Demonstrationskultur, als Beispiele nennt er attac, Greenpeace und die Occupy -Bewegung. Die TrägerInnen dieser Proteste nutzen Social Media und die schnellen Kommunikationsmöglichkeiten, um sich zu organisieren. Wer behauptet, dass es kein politisches Interesse gibt, ignoriert diese Protestformen.
Demokratie braucht Zeit
Für Minister Stöger muss ein guter Politiker stets auf Augenhöhe mit den verschiedenen VerhandlungspartnerInnen bleiben, auch wenn das Gegenüber sich an anderen Werten orientiert und die Verhandlungen schwierig sind. Dadurch zeichnet sich ein guter Demokrat oder eine Demokratin aus. Die Ergebnisse demokratischer Prozesse sind so zwangsläufig meist Kompromisse. Stöger hält es für problematisch, Kompromisse von vornherein als faul zu klassifizieren, da der Interessensausgleich notwendiger Weise Ziel von Verhandlungen ist.
Verhandlungen brauchen Zeit, oft auch viel Zeit. Das mag für viele frustrierend sein. Kommunikation hat durch die technischen Entwicklungen an Geschwindigkeit zugenommen. Eine Art „Gleichzeitigkeit“ ist entstanden, an die wir gewohnt sind, so Stöger. In der Politik gibt es aber häufig Ungleichzeitigkeit. Die Ergebnisfindung dauert je größer die eingebundenen Gruppen sind immer länger, auf globaler Ebene sogar mehrere Jahre und manchmal Jahrzehnte. Aber Demokratie braucht Zeit, betont Stöger.
Auch der Antrieb sich für Anliegen einzusetzen hat sich nach Meinung des Ministers geändert. Entstand die ArbeiterInnenbewegung aus einer „Solidarität der Not“ – sie wollten ihre Lebensgrundlage sichern – werden die Menschen heute aufgrund der „Solidarität der Angst“ aktiv, wie es der Forscher Ulrich Beck formuliert. Das heißt aber auch, so Stöger, dass Angst ein politisches Mittel ist, mit dem eigene Interessen durchgesetzt werden können.
Nötige Rahmenbedingungen
Grundvoraussetzung damit Menschen sich überhaupt in die politischen Gestaltungsprozesse einbringen können ist, dass die Rahmenbedingungen stimmen. Das heißt: gesicherte Lebensgrundlagen und einen Rechtsstaat, auf den sich die Menschen verlassen können. Demokratie befindet sich ständig in Veränderung und muss gelernt und entwickelt werden, Marktmechanismen können und dürfen politische Prozesse und Entscheidungen nicht ersetzen.
Politik heißt, das Mögliche zu tun in der Zeit und in der Kultur, in der wir leben. Das ist der Auftrag für die Zukunft - so das abschließende Resümee des Abends.
Text: Lucia Göbesberger, Sozialreferat & Martha Stollmayer, KAB OÖ
Fotoquelle: Hannes Mittermair