Unterstützung in Krisenzeiten
Betriebsseelsorge: Unterstützung für ArbeitnehmerInnen
BetriebsseelsorgerInnen sind in Corona-Zeiten noch mehr als sonst gefragte ZuhörerInnen. Sie knüpfen oft aktiv und gezielt bei den Kontakten an, die sie in den Betrieben über viele Jahre gepflegt haben. Die Erstreaktionen sind oft sehr ähnlich: „Wie schön, dass du an mich denkst!“ – „Die Nerven im Betrieb liegen blank.“ – „Das Reden tut meiner Seele gut, so lange hat mir schon niemand mehr zugehört!“ Seelsorge bietet ein Gegenüber und hat ein offenes Ohr.
Noch vor den Schließungen im Handel hat Betriebsseelsorgerin Martha Stollmayer Verkäuferinnen in der Linzer Innenstadt besucht. „Ich habe nicht mehr geglaubt, dass es da draußen jemand gibt, der sich für mich und meine Situation in der Arbeit interessiert! Das tut so gut!“ So und ähnlich waren die Rückmeldungen. Bei manchen ist es nicht sicher, ob ihr Geschäft nach dem Lockdown wieder aufsperrt. In den Gesprächen werden oft nächste Schritte aus scheinbar ausweglosen Situationen entwickelt. Kleine Rituale mit der Seelsorgerin helfen beim Abschließen und Zusperren.
Da-Sein als zentrale Aufgabe der Kirche in Krisenzeiten
Viele Menschen nehmen das Gesprächsangebot der SeelsorgerInnen an und erzählen von ihren Erlebnissen und Sorgen. „Für Menschen, die es besonders schwer haben, kommt „online‘ oft nicht in Frage. Sie brauchen ein direktes Gegenüber“, erzählt Irene Huss, Betriebsseelsorgerin aus Braunau. Sie bietet im Sonderfall Seelsorge-Gespräche beim Spazierengehen an. Ihre Erfahrung: Das Unterwegssein draußen bringt oft auch innen etwas in Gang, Menschen kommen wieder zu Atem und können Kraft schöpfen. ArbeitnehmerInnen, die über ihre Situation reden möchten, können sich im nächstgelegenen Treffpunkt mensch & arbeit melden. Selbst wenn momentan kein „offenes Haus“ geführt werden kann, sind die Seelsorgerinnen zu ausgewiesenen Zeiten telefonisch und per E-Mail erreichbar. Gespräche sind persönlich, telefonisch oder online möglich. (Adresssen und Kontaktdaten aller Treffpunkte)
„Das aufmerksame Zuhören kann heilsam sein“, weiß Michaela Pröstler-Zopf, Bereichsleiterin von mensch & arbeit im Pastoralamt der Diözese Linz. „Menschen in schwierigen und belastenden Situationen können mit einem aufmerksamen Gegenüber Ideen für nächste Schritte entwickeln, das schafft Perspektiven und lässt Menschen wieder aufatmen. Das Angebot gilt für alle, die es brauchen – dafür sind wir als Kirche da.“
Was die Menschen beschäftigt
BetriebsseelsorgerInnen sind in ganz Oberösterreich in Kontakt mit ArbeitnehmerInnen aus verschiedensten Branchen. Diese Themen begegnen ihnen derzeit am häufigsten:
- Verausgabung
In der Pflege, in Krisenstäben und im Handel sind lange Schichten an der Tagesordnung, eigene Gesundheit und persönliche Bedürfnisse werden zurückgestellt, Teambesprechungen finden nur reduziert statt, das Umstellen auf „distance learning“ überlastet bzw. belastet vor allem Frauen, da sie vorwiegend für Kinderbetreuung und Haushalt zuständig sind.
- Existenzsorgen
Reduktion von Arbeit, Entfall von Lohn, Lohnvorschüsse und Lohnpfändungen, drohende Betriebsschließungen und Kündigungen haben Existenzängste zur Folge. Besonders betroffen sind Frauen in Handel und Gastronomie – für viele ist 10 Prozent weniger Gehalt bereits die Schmerzgrenze, Armut droht.
Viele ArbeitnehmerInnen schätzen das Sozialsystem und das Engagement der Sozialpartner sehr, doch die Arbeitslosenzahlen sind alarmierend hoch und werden im Winter noch steigen. Menschen sorgen sich zu Recht um ihre Existenz, ganze Familien sind davon betroffen.
- Ohnmacht und Isolation
Quarantäne, ohne Arbeitsplatz oder Aufträge, ausgebremst, zurückgeworfen auf sich selbst – viele, vor allem Allein-Lebende, kämpfen mit ihrer Situation, wenn die Erwerbsarbeit mit ihrem sozialen Leben und ihren Kontakten wegbricht. Sie erleben sich ausgeliefert und überflüssig, ihr Selbstwertgefühl sinkt.
- Wunsch nach Wertschätzung
Viele freuen sich über Wertschätzung, sie wollen Sinnvolles tun in ihrer Arbeit und haben Ideen zur Verbesserung ihrer Situation und zum Schutz ihrer eigenen Gesundheit, sie fordern zu Recht gute Bedingungen und faire Bezahlung.
Berichte aus der Arbeitswelt
Mit kurzen Berichten und Interviews erzählt der Bereich mensch & arbeit des Pastoralamtes der Diözese Linz auf seiner Website von den Realitäten der Menschen in verschiedensten Bereichen der Arbeitswelt. Es sind ermutigende Geschichten, die zeigen, was möglich ist, wenn gute Arbeits- und Rahmenbedingungen herrschen. Der Blick wird aber auch dorthin gerichtet, wo Menschen mit den aktuellen Umständen kämpfen und wo der Druck hoch ist.
Betriebsseelsorge der Diözese Linz
Die Betriebsseelsorge gehört wie die Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung (KAB) zum Bereich „mensch & arbeit“ des Pastoralamtes der Diözese Linz. Ebenfalls angegliedert ist die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung. 39 SeelsorgerInnen in 9 Treffpunkten „mensch & arbeit“ besuchen und begleiten Menschen in der Arbeitswelt. Treffpunkte gibt es in Linz-Mitte, am Standort voestalpine, in Braunau, Nettingsdorf, Rohrbach, Steyr, Vöcklabruck und Wels, ein weiterer Seelsorger ist für den Raum Perg zuständig. Die BetriebsseelsorgerInnen setzen dabei regional unterschiedliche Schwerpunkte, z. B. in den Bereichen Handel, Pflege, Industrie, Gastronomie, Reinigung … In den Treffpunkten wird Bildung, Beratung, Seelsorge und Liturgie in unterschiedlichen Formen angeboten. An acht Standorten sind JugendleiterInnen aktiv, die junge Menschen beim Arbeitseinstieg bzw. in der Arbeitswelt begleiten. Im Mittelpunkt steht der Mensch – Frauen, Männer und Jugendliche mit ihrem je eigenen Wert, ihren Fähigkeiten und ihrer Würde.
Die ReferentInnen der KAB organisieren, bilden und vernetzen rund um das Lebensthema „Arbeit“, auch unbezahlte Arbeit und gesellschaftspolitische Positionen werden dabei in den Fokus genommen.
Das Mobbingtelefon der Betriebsseelsorge OÖ ist immer montags von 17.00 bis 20.00 Uhr erreichbar. Die Onlineberatung können Betroffene rund um die Uhr unter www.mobbingtelefon.at kontaktieren.
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