Jugendliche leiden unter enormem Leistungsdruck
Dr.in Beate Großegger, Leiterin des Instituts für Jugendkulturforschung in Wien wies mit einer aktuellen Studie nach, dass viele Zuschreibungen an Jugendliche einer Überprüfung nicht Stand halten. Jugendliche sind sehr wohl an weltanschaulichen Fragen interessiert, haben jedoch – wohl nicht zu unrecht – eine große Skepsis gegenüber politischen Parten und etablierten Institutionen, wie Kirche und Gewerkschaft. Die Sympathie gegenüber Hilfsorganisationen im Sozial- und Umweltbereich ist stark ausgeprägt. Gleichzeitig verstehen sie sich selbstverständlich als Mitglieder einer Freizeit- und Konsumgesellschaft.
Belastende Anforderungen
Mehr und mehr belastend dabei empfinden Jugendliche jedoch die von uns Erwachsenen gestellten Bedingungen: Anforderung von Bestleistungen in allen Lebensbereichen in Kombination mit äußerster Flexibilität, gleichzeitig jedoch latent spür- und erlebbare Unsicherheiten in Bezug auf Ausbildungen, Arbeitsmöglichkeiten und Existenzsicherung, sowie Marginalisierung im öffentlichen Raum. Ein Körperkult, in dem der Leib zur Ware wird, ersetzt eine Wesens- und Seins-Kultur, in der die Würde und der Wert des Einzelnen vor allem anderen steht. Es ist die Erwachsenenwelt, die den Jugendlichen dies alles zumutet und auch vorlebt: Wir sind am direkten Weg in eine Überforderungskultur. Das, was die Öffentlichkeit dann gerne als Jugendproblem bezeichnet, ist oft lediglich die Reaktion darauf: „Es ist oberflächlich und widerlich, es ist nicht okay, aber es ist notwendig, um überhaupt Aufmerksamkeit zu erlangen“, so eine Jugendliche in dieser Studie.
Jugendliche suchen ihren Platz in der Gesellschaft, es wird offensichtlich aber immer schwieriger, diesen letztendlich auch gut zu finden.
Erfahrung von Solidarität hilft bei Identitätsfindung
Auf die Notwendigkeit einer integrativen Jugendarbeit und -pastoral wies Mag. Helmut Eder, Assistent am Institut für Pastoraltheologie an der KTU Linz, hin. Menschen – insbesondere Jugendliche – sind heute nur mehr durch Angebote zu erreichen, die alle Lebensformen und -arten mit einbeziehen und von den handelnden Personen auch stimmig vorgelebt werden.
Nicht alle können …
Über den „unbeschränkten Glauben an die Macht des Glaubens an sich selbst“ referierte Mag.a Hanna Muckenhuber, Soziologin am Institut für Höhere Studien in Wien. In den letzten Jahrzehnten kam es offensichtlich auch zu einer Vermarktlichung des Selbst, verbunden mit Anforderungen, die wir nie erfüllen können: „Das unternehmerische Selbst“. Es wird jedoch beinahe gänzlich übersehen, dass „zwar alle könnten, aber nicht alle können“. Auch hier war festzustellen, dass der Weg zum „erschöpften Selbst“ vorgezeichnet ist. Letztendlich geht es laut Mag.a Muckenhuber um einen Kampf um die Deutungsmacht in unserer Gesellschaft: Wessen Bilder und Visionen eines gelingenden Lebens und einer gerechten Gesellschaft setzen sich weltweit in den Köpfen und Herzen der Menschen durch.
Zwei Statements von Lucia Mitterhuber, Treffpunkt mensch & arbeit Standort voestalpine und Mario Danzberger, OÖ. Gewerkschaftsjugend aus Steyr, gaben Einblicke in aktuelle Anforderungen für eine zeitgemäße Jugendarbeit.
Mit dem US-amerikanische Film „A Day’s Work, A Day’s Pay“ klang der Studientag aus.
Der Studientag, veranstaltet in Kooperation mit dem Forum „Kirche und Arbeitswelt“, der OÖ. Gewerkschaftsjugend und der KTU Linz, schloss mit dem Fazit:
Es braucht (wieder) mehr Ressourcen und somit Zeit für eine qualitätsvolle Jugendarbeit. Weiters ist ein breiter gesellschaftlicher Bewusstseinsbildungsprozess erforderlich, dass Jugendliche öffentlichen Entfaltungsraum, zugestandene Abgrenzung und Reibeflächen sowie die Erfahrung von Solidarität inmitten der Gesellschaft brauchen, um ihren Weg der Integration gehen und ihren guten Platz in der Gesellschaft finden zu können.
Mehr Informationen über Cardijn auf der Diözesanen Homepage.