Tag der Arbeitslosen, 30. April - Aktion am Linzer Taubenmarkt
Angesichts aktueller Korruptionsfälle bekommen wir derzeit viel vom Ärger arbeitsloser und armutsgefährdeter Menschen mit. Walter Meischbergers Frage „Wo war meine Leistung?\" nach Provisionen in Millionenhöhe klingt besonders in ihren Ohren mehr als zynisch. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs: Durch die Wirtschaftskrise klafft die soziale Schere noch weiter auseinander. Tausende Arbeitsplätze sind vernichtet worden. Staatliche Sparpakete treffen vor allem die Ärmsten, darunter viele arbeitslose Menschen. In Österreich sind mehr als eine Million Menschen armutsgefährdet oder manifest arm – ein Viertel davon trotz Vollzeitarbeit. Gleichzeitig haben die reichsten zehn Prozent die Krise gut überstanden und besitzen fast zwei Drittel des Privatvermögens.
Ungerechte Verteilung
Verschärft hat sich auch die ungerechte Verteilung in der Arbeitswelt: Jene, die Arbeit haben, müssen für niedrige Löhne immer mehr arbeiten, die Arbeitsbelastung steigt ständig. In Österreich werden jährlich mehr als 314 Millionen Überstunden geleistet, zum überwiegenden Teil unbezahlt. Das entspricht insgesamt weit mehr als 100.000 Vollzeit-Arbeitsplätzen. Etwa ein Drittel aller erwerbstätigen Menschen klagt über psychische Probleme und Erkrankungen durch Überlastung. Gesunken ist auch die Qualität der Arbeitsplätze: Die Zahl der Teilzeitstellen, die nicht existenzsichernd sind, steigt laufend. Das betrifft verstärkt Frauen.
Arbeitslosigkeit und Armut auf der einen Seite und Ausbeutung durch Überlastung auf der anderen Seite bedeuten individuelles Leid, aber auch Schaden für Wirtschaft und Gesellschaft. Die tiefer werdende Kluft zwischen Reich und Arm gefährdet den sozialen Frieden.
Die wahren Sozialschmarotzer
Solidarität statt Neid und Härte muss das Motto für die Gemeinschaft lauten. Arbeitslose Menschen liegen nicht faul in der „sozialen Hängematte\". Angesichts jener, die sich „zu schön fürs Steuerzahlen\" fühlen, ist klar, wer die wirklichen Schmarotzer sind. Die Politik ist für rasche und nachhaltige Verbesserungen verantwortlich zu machen. Grundsätzlich ist die Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung ein positiver Ansatz. In ihrer derzeitigen Form taugt sie jedoch noch nicht zur gerechten Verteilung. Ihre Höhe liegt weit unter der Grenze zur Armutsgefährdung. Größere Familien haben Verschlechterungen zu befürchten. Durch den erforderlichen Beweis der Arbeitswilligkeit wird der Niedriglohnsektor noch gefördert: BezieherInnen müssen auch schlecht bezahlte „Jobs\" annehmen.
Durch das Eindämmen der unbezahlten Überstunden zugunsten neuer MitarbeiterInnen könnten bis zu 60.000 neue Stellen geschaffen werden. Das Gleiche gilt für eine intelligente Form der Arbeitszeitverkürzung und Investitionen in die soziale Infrastruktur und das Bildungssystem. Besonders wichtig sind auch ein gerechtes Steuersystem und die faire Versteuerung von Vermögen. An Arbeitsstellen, von denen auch gut zu leben ist, fehlt es weiterhin. Die Forderungen nach einem gerechten Mindestlohn von 1300 Euro bleiben ungehört – das sei der Wirtschaft nicht zuzumuten. Den Menschen aber schon?
Veranstaltergemeinschaft des Aktionstages am Linzer Taubenmarkt: Verein AhA – Arbeitslose helfen Arbeitslose, Bischöfliche Arbeitslosenstiftung, Katholische ArbeitnehmerInnenbewegung, Katholische Jugend, ÖGB, Volkshilfe
Statements:
AhA – Arbeitslose helfen Arbeitslosen:
In unserer Gesellschaft definiert man sich über seine Arbeit. Arbeitslose Menschen ab 45 Jahren haben auch bei langjähriger Berufserfahrung fast keine Chance auf einen Wiedereinstieg. Arbeitslosigkeit bedeutet Stress. Der Verein „AhA\" wurde von Betroffenen gegründet und von diesen seit zehn Jahren ehrenamtlich geführt. Wir versuchen mit älteren arbeitslosen Menschen in Einzelberatungen die akute Situation zu lösen. Dabei erleben wir, wie sie wieder aufblühen und neue Kraft sammeln.
Susanne Stockinger, AhA
Bischöfliche Arbeitslosenstiftung:
Arbeitslosigkeit ist die ungerechteste Form einer „Arbeitszeitverkürzung\". Arbeitslose Menschen leiden unter Ausgrenzung, sie brauchen nachgefragte Qualifizierung, konkrete Beratung und vor allem gute Arbeitsplätze. Ein Schlüssel zu mehr Gerechtigkeit ist die Verteilung der Erwerbsarbeit. Davon profitieren alle – arbeitslose Menschen, Erwerbstätige und der Wirtschaftsstandort Österreich. Die Schaffung neuer guter Arbeitplätze ließe uns auch die Arbeitsmarktöffnung für osteuropäische Länder problemlos verkraften.Die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung unterstützt arbeitslose Menschen mit innovativen Methoden und Projekten umfassend und ganzheitlich.
Christian Winkler, Geschäftsführer Bischöfliche Arbeitslosenstiftung
Katholische ArbeitnehmerInnen-Bewegung:
Dort, wo Kapital Vorrang vor menschlichem Schaffen hat, wo der Mensch zum Objekt und Steuerungsmittel eines marktliberalen Wirtschaftens wird, wo die Würde des Einzelnen unter die Räder kommt, sind wir als Kirche gefordert, dieses Unrecht zu benennen und eine Neuausrichtung des vorherrschende wirtschaftlichen Handelns einzufordern. Wir fordern daher die Politik auf, Schritte in eine andere Richtung zu setzen – hin zu einer Wirtschaft im Dienste des Lebens! Denn: Es reicht – für alle!
Herbert Kuri, Vorsitzender der KAB OÖ
Katholische Jugend OÖ, Forum Arbeit / KAJ:
Ich erachte Jugendarbeitslosigkeit als Fehler eines Systems, für den die Gesellschaft früher oder später bestraft wird. Arbeit gibt den Jugendlichen nicht nur Halt sondern auch Orientierung!Thomas Eder, Organisationsreferent
ÖGB Oberösterreich:
Kollektivvertragliche Mindestlöhne sind der wirksamste Schutz gegen Lohndumping und Verdrängungswettbewerb am Arbeitsmarkt. Denn jeder arbeitende Mensch – egal, woher er kommt – hat ein Einkommen verdient, von dem es sich leben lässt.
Rechtzeitig zur Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes am 1. Mai hat der ÖGB erreicht, dass ein Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping beschlossen wurde. Niemand muss Angst haben, dass der Arbeitsmarkt überrollt wird und Arbeitsplätze wegen plötzlichen Angebots billigerer Arbeitskräfte verloren gehen. Denn wenn nun ein Unternehmen weniger bezahlt, als im Kollektivvertrag vorgesehen ist, setzt es empfindliche Strafen. Das Gesetz ist ein sozialpolitischer Meilenstein. Es schützt ArbeitnehmerInnen vor Ausbeutung und ist ein wesentlicher Beitrag zur Gerechtigkeit.
Johann Kalliauer, ÖGB-Landesvorsitzender
Volkshilfe Oberösterreich:
Arbeit ist Voraussetzung für ein selbstbestimmtes Leben und das beste
Rezept gegen Armut. Arbeit schaffen heißt daher, die Armut an der Wurzel zu
bekämpfen. Die Volkshilfe entwickelt seit 20 Jahren erfolgreich Modelle, die
wesentlich dazu beitragen, dass arbeitslose Menschen wieder Arbeit finden.
Josef Weidenholzer, Präsident der Volkshilfe Österreich