Die zwei Seiten eines Menschen - Warum Geld noch immer die Welt regiert?
Finanz- oder Eurokrise sind fixer Bestandteil beinahe jeder Berichterstattung. Was waren die Anfänge der Krise? Der Journalist Wolfgang Kessler benannte die Wurzeln des Finanzchaos. Gegen Ende des 2. Weltkrieges wurde das sogenannnte Bretton Woods-Abkommen beschlossen. Dieses Währungssystem verhinderte freie Geldschöpfung, da der Wert durch hinterlegtes Gold gedeckt sein musste. Außerdem waren Spekulationen auf Währungen aufgrund fixer Wechselkurse unmöglich. Durch den Vietnamkrieg kam es zu einem akuten Geldmangel der USA. Das Abkommen wurde aufgekündigt, damit Geld gedruckt werden konnte, ohne dass es durch Goldreserven gedeckt sein musste. Diese uneingeschränkte Geldschöpfung beendete die Kontrollmöglichkeiten über die Finanzwelt durch Bankenaufsicht und andere Institutionen. Auftrieb bekam der Finanzmarkt auch durch Ronald Reagen. Er erlaubte in den 80er Jahren den Pensionsfonds, dass sie das gesammelte Geld bei internationalen Banken anlegen. Nach und nach wurden weitere gesetzlichen Beschränkungen für die Finanzwirtschaft aufgehoben. Großbritannien nahm dabei meist eine Vorreiterrolle ein. Diese Liberalisierung erwies sich für die Finanzwirtschaft als Erfolgsrezept. Durch Computer und Internet erhöhte sich die Geschwindigkeit der Abwicklung von Finanzgeschäften. In unvorstellbarer Schnelligkeit kann nun gekauft und verkauft werden. Diese Geschäfte werden über eigene Computerprogramme abgewickelt, die das Tempo der menschlichen Fähigkeiten bei weitem übersteigen: 3000 Geschäfte in einer Sekunde. Für die Banken hatte sich so neben ihren ursprünglichen Aufgaben - den Geldverkehr sicher abzuwickeln, Geld zu sammeln und zu verleihen - ein neues unglaublich lukratives Geschäftsfeld entwickelt. 85 % ihrer Geschäftstätigkeit bezieht sich inzwischen auf diesen neu entstandenen Markt.
Die so gewonnenen Finanzvermögen werden in immer neue und immer komplexere Finanzprodukte investiert mit dem Zweck der Geldvermehrung. Längst durchschauen viele AnlegerInnen die Konstruktion und Wirkung dieser Geschäfte nicht mehr. Laut der Auskunft eines von Wolfgang Kessler befragten Finanzmanagers ist das auch nicht gewünscht.
Durch die Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008, wurde offensichtlich, was längst schon befürchtet wurde. Die Finanzwirtschaft führt ein Eigenleben. Gewinne in der Finanzwelt werden nicht mehr in die Realwirtschaft investiert, kommen auch nicht den ArbeiterInnen und Angestellten zu Gute, sondern im Gegenteil: Die Löhne sind gesunken. Finanzielle Katastrophen erschüttern aber dann doch die Ausgangspunkte der Spekulationskette und damit die Staaten und ihre BürgerInnen.
Nicht existenziell betroffen von solchen Krisen sind die wenigen BesitzerInnen großer Finanzvermögen. Die sogenannten „kleinen SparerInnen“ haben zwar auch profitiert, aber werden schlussendlich verhältnismäßig stärker zur Kasse gebeten. Zwar meist nicht direkt, aber dem Staat fehlt Kapital für notwendige Gemeinwohlinvestitionen. Bankenrettungen und andere Rettungsprogramme belasten das Budget und erfordern neben den Sparmaßnahmen neue Verschuldung des Staates. Von den Zinsen für die Staatskredite profitieren aber nur jene, die bereits große Geldvermögen angehäuft haben.
Trotz dieser Erfahrungen wird noch immer täglich über die Aktienkurse berichtet, die als Indikator für das Wohlbefinden der Welt gesehen werden. Warum? Wir Menschen haben zwei Seiten: die soziale und die gierig egoistische, letztere wird durch das herrschende System belohnt, so Wolfgang Kessler. Das gilt es zu ändern, denn es geht um alle Menschen, ihr gutes Leben und den Erhalt der Lebensgrundlage.
Deswegen fordert Wolfgang Kessler eine gerechtere Verteilung des Reichtums, Regeln für die Finanzmärkte, die eine Begrenzung der Geldschöpfung, Entschleunigung und Steuern auf Transaktionsgeschäfte beinhalten; am Menschen und dem guten Leben orientierte Entschuldungs- und Sparprogramme; Transparenz und verantwortungsvollen Umgang mit angelegtem Geld wie es in sozialethischen Initiativen bereits umgesetzt wird und schließlich soll Geld dazu dienen, Regionen und ihre lokale Wirtschaft zu stärken. Denn die Wirtschaft ist für die Menschen da und nicht des Geldes wegen.
Quelle: Sozialreferat