„Liebe will ich, nicht Schlachtopfer“ (Hos 6,6)
Opfer sein – Opfer bringen – geopfert werden – etwas/jemanden/mich opfern – Opfer fordern/verlangen: bei einer ersten Annäherung zeigte sich bereits die Vielschichtigkeit des Themas.
\"Opfer\" ist definiert als ein Ritus, um mit der Gottheit in Verbindung zu treten, um Gott zu beeinflussen oder gnädig zu stimmen. Opfer und Opferriten finden sich in allen Weltreligionen und beinhalten stets ein aktives und passives Element (opfern/geopfert werden). Weiters ist die Unterscheidung von subjektiver und objektiver Zuschreibung zu beachten (wer ist tatsächlich Opfer/wer vermeintlich/wer fühlt sich als Opfer).
\"Opfer\" ist definiert als ein Ritus, um mit der Gottheit in Verbindung zu treten, um Gott zu beeinflussen oder gnädig zu stimmen. Opfer und Opferriten finden sich in allen Weltreligionen und beinhalten stets ein aktives und passives Element (opfern/geopfert werden). Weiters ist die Unterscheidung von subjektiver und objektiver Zuschreibung zu beachten (wer ist tatsächlich Opfer/wer vermeintlich/wer fühlt sich als Opfer).
Durch fachliche Impulse und Bibelarbeit, in Workshops, in liturgischen Feiern und tiefen Gesprächen bearbeiteten die TeilnehmerInnen dieses anspruchsvolle Thema. Besonders beeindruckt und zu vielen Diskussionen angeregt hat dabei auch der Film \"Rom, die offene Stadt\" von Roberto Rosselini, eine der ersten filmischen Aufarbeitungen des Zweiten Weltkriegs.
Letztlich gipfelt die gesamte Opferthematik in die entscheidende Frage nach unserem Gottesbild. Eine Teilnehmerin formulierte es am Ende der Exerzitien so: \"Wir sind als erlöste Christen vor allem geliebte Töchter und Söhne Gottes und nicht Sünder, kleingehalten von einer unbezahlbaren Schuld gegenüber Gott.\" Christ sein heißt frei sein!
Letztlich gipfelt die gesamte Opferthematik in die entscheidende Frage nach unserem Gottesbild. Eine Teilnehmerin formulierte es am Ende der Exerzitien so: \"Wir sind als erlöste Christen vor allem geliebte Töchter und Söhne Gottes und nicht Sünder, kleingehalten von einer unbezahlbaren Schuld gegenüber Gott.\" Christ sein heißt frei sein!
Inhaltliches aus der Exerzitienwoche:
Opfer im 1. Testament
Opfern ist zu verstehen als eine Form der Kommunikation zwischen Gott und den Menschen, wobei das Gottesbild jeweils den Zugang bestimmt (z. B. opfern um etwas zu erhalten oder opfern um verschont zu werden). Die Opfertradition des alten Israel versteht sich als Bitte des Volkes um ein Kommen und Segnen Gottes: Der Ewige wird durch die Bitte in Form eines Opfers angerufen, dabei ist
1.) der Altar der Ort des Ankommens Gottes,
2.) das Feuer die sichtbare Seite des unsichtbaren Gottes und
3.) das Opfer Zeichen der Gastfreundschaft des Volkes gegenüber Gott.
Gott kommt, um den Opfernden zu segnen, d.h. Opfer steht hier klar unter dem Aspekt der Kommunikation und des Segens, nicht unter dem Aspekt des Versöhnlich-Stimmens.
Opfer im 1. Testament
Opfern ist zu verstehen als eine Form der Kommunikation zwischen Gott und den Menschen, wobei das Gottesbild jeweils den Zugang bestimmt (z. B. opfern um etwas zu erhalten oder opfern um verschont zu werden). Die Opfertradition des alten Israel versteht sich als Bitte des Volkes um ein Kommen und Segnen Gottes: Der Ewige wird durch die Bitte in Form eines Opfers angerufen, dabei ist
1.) der Altar der Ort des Ankommens Gottes,
2.) das Feuer die sichtbare Seite des unsichtbaren Gottes und
3.) das Opfer Zeichen der Gastfreundschaft des Volkes gegenüber Gott.
Gott kommt, um den Opfernden zu segnen, d.h. Opfer steht hier klar unter dem Aspekt der Kommunikation und des Segens, nicht unter dem Aspekt des Versöhnlich-Stimmens.
Die spätere Opferkritik der Propheten (Amos, Hosea) bezieht sich auf die Verselbständigung des Kults. Amos beantwortet die Frage, warum es der Gesellschaft nicht geglückt ist, gut zusammen zu leben mit dem Aufzeigen der fehlenden Gerechtigkeit. \"Ich hasse eure Feste …\" so beginnt Am 5,21.
Opfer und Feste sind \"eure\" und nicht mehr \"unsere\" (= von Volk und Gott gemeinsam). Die Kritik des Amos zielt nicht auf ein ENTWEDER – ODER von Opfer und Gerechtigkeit, sondern Israel ist gefordert, jene (Lebens-)Bedingungen erneut herzustellen, dass Opfer/Opferritus wieder das sein kann, was es sein soll – Kommunikation zwischen Gott und Menschen. Diese Kommunikation kann nur glücken, wenn sich die Menschen an die gemeinsamen Regeln eines gerechten Zusammenlebens halten.
Die Deutung des Todes Jesu im paulinischen Denken
Paulus greift jenes jüdische Denken auf, das Opfer als Möglichkeit der Entlastung des Gewissens wegen ungenügender Gesetzeserfüllung sieht. Doch er unterscheidet in begleichbare und unbegleichbare Schuld. Gott erlässt unbezahlbare (= versklavende) Schuld/Sünden, Gott spricht den Menschen frei, jedoch nur – wie in der Vaterunser-Bitte nachzulesen ist – wenn der Mensch auch selbst so handelt. Alle legitimen Rechtssysteme erklären, gerecht ist, wer seine Schulden bezahlt. Das Vaterunser erklärt, gerecht ist, wer Schulden erlässt. Menschen müssen dank Jesu unausgleichbare Schulden nicht mehr begleichen (gestorben >für uns<).
Paulus macht in seinen Schriften deutlich, dass Gerechtigkeit nicht durch die Befolgung von Gesetzen hergestellt werden kann, sondern Kriterium ist allein die Erfüllung des Gebotes der Nächstenliebe – wobei Nächstenliebe kein Gefühl bleiben darf, sondern sich durch konkretes Handeln definiert! Glaube macht gerecht, nicht die Erfüllung der Gesetze. Sünde/strukturelle Sünde entsteht gerade durch das Einhalten von Gesetzen (z.B. Weltbank, Militär …).
\"Kann es sein, dass die Sühneopfer-Theologie den Blick auf die politische Bedeutung des Kreuzestodes Jesu verstellen lässt?\"
Jesus ist ein Opfer auf dem Altar der Gesetze, d.h. paulinisch gesprochen ein Opfer des Teufels. Denn im Gegensatz zu Gott vergibt der Teufel Schuld nicht, der Tribut muss bezahlt werden. Jesus leistet diesen Tribut, erfüllt seine illegitime Forderung. Dadurch verliert der Teufel seine Macht, die nun für immer gebrochen ist: Der Mensch ist frei.
Dass Gott selbst (anstatt der Teufel) den Tod Jesu als Sühneopfer fordert, ist nicht paulinisches Denken. Diese Sicht entwickelte sich erst später, als sich das Christentum mit der staatlichen Ordnung verband und sich die Interessen verschoben. Der paulinische Ansatz wurde relativiert, das subversive Element darin eliminiert, denn setzt man statt \"Teufel\" \"Herrschaftssystem\" ein, wird die Brisanz deutlich: Das Opfer Jesu für uns Menschen bedeutet die Befreiung des Menschen aus systemischen Zwängen. Menschen müssen Systemen und Strukturen gegenüber souverän bleiben dürfen. Gesetze gelten nur solange als verbindlich, solange sie die Liebe zum Nächsten nicht verletzen.
Solches Denken ist für jedes Imperium gefährlich. Darin liegt auch die universelle Bedeutung der paulinischen Gesetzeskritik.
(za)
Opfer und Feste sind \"eure\" und nicht mehr \"unsere\" (= von Volk und Gott gemeinsam). Die Kritik des Amos zielt nicht auf ein ENTWEDER – ODER von Opfer und Gerechtigkeit, sondern Israel ist gefordert, jene (Lebens-)Bedingungen erneut herzustellen, dass Opfer/Opferritus wieder das sein kann, was es sein soll – Kommunikation zwischen Gott und Menschen. Diese Kommunikation kann nur glücken, wenn sich die Menschen an die gemeinsamen Regeln eines gerechten Zusammenlebens halten.
Die Deutung des Todes Jesu im paulinischen Denken
Paulus greift jenes jüdische Denken auf, das Opfer als Möglichkeit der Entlastung des Gewissens wegen ungenügender Gesetzeserfüllung sieht. Doch er unterscheidet in begleichbare und unbegleichbare Schuld. Gott erlässt unbezahlbare (= versklavende) Schuld/Sünden, Gott spricht den Menschen frei, jedoch nur – wie in der Vaterunser-Bitte nachzulesen ist – wenn der Mensch auch selbst so handelt. Alle legitimen Rechtssysteme erklären, gerecht ist, wer seine Schulden bezahlt. Das Vaterunser erklärt, gerecht ist, wer Schulden erlässt. Menschen müssen dank Jesu unausgleichbare Schulden nicht mehr begleichen (gestorben >für uns<).
Paulus macht in seinen Schriften deutlich, dass Gerechtigkeit nicht durch die Befolgung von Gesetzen hergestellt werden kann, sondern Kriterium ist allein die Erfüllung des Gebotes der Nächstenliebe – wobei Nächstenliebe kein Gefühl bleiben darf, sondern sich durch konkretes Handeln definiert! Glaube macht gerecht, nicht die Erfüllung der Gesetze. Sünde/strukturelle Sünde entsteht gerade durch das Einhalten von Gesetzen (z.B. Weltbank, Militär …).
\"Kann es sein, dass die Sühneopfer-Theologie den Blick auf die politische Bedeutung des Kreuzestodes Jesu verstellen lässt?\"
Jesus ist ein Opfer auf dem Altar der Gesetze, d.h. paulinisch gesprochen ein Opfer des Teufels. Denn im Gegensatz zu Gott vergibt der Teufel Schuld nicht, der Tribut muss bezahlt werden. Jesus leistet diesen Tribut, erfüllt seine illegitime Forderung. Dadurch verliert der Teufel seine Macht, die nun für immer gebrochen ist: Der Mensch ist frei.
Dass Gott selbst (anstatt der Teufel) den Tod Jesu als Sühneopfer fordert, ist nicht paulinisches Denken. Diese Sicht entwickelte sich erst später, als sich das Christentum mit der staatlichen Ordnung verband und sich die Interessen verschoben. Der paulinische Ansatz wurde relativiert, das subversive Element darin eliminiert, denn setzt man statt \"Teufel\" \"Herrschaftssystem\" ein, wird die Brisanz deutlich: Das Opfer Jesu für uns Menschen bedeutet die Befreiung des Menschen aus systemischen Zwängen. Menschen müssen Systemen und Strukturen gegenüber souverän bleiben dürfen. Gesetze gelten nur solange als verbindlich, solange sie die Liebe zum Nächsten nicht verletzen.
Solches Denken ist für jedes Imperium gefährlich. Darin liegt auch die universelle Bedeutung der paulinischen Gesetzeskritik.
(za)
Zum Nachdenken:
-- Wenn ich seinen Tod preisen soll, darf ich dann wenigstens sein Leben, sein Wirken, sein Wollen mit einbeziehen?
-- Wenn ich seinen Tod preisen soll, darf ich dann wenigstens sein Leben, sein Wirken, sein Wollen mit einbeziehen?