Neue Sichtweisen und notwendige Veränderungen
40 Tage war Jesus in der Wüste. Ungefähr 40 Tage dauerte der wirtschaftliche und gesellschaftliche Lock-Down, den wir nun hinter uns haben. Für viele kam es einer Wüstenerfahrung gleich – wir waren mit Einsamkeit konfrontiert, mit unseren Ängsten und unseren Befürchtungen. Vor kurzem sagte mir eine junge Arbeitslose im Gespräch, das Gute an der Krise sei, dass sie sich selbst verändert habe. Sie habe „eine neue Denk- und Sichtweise“ entwickelt. Das gibt mir Hoffnung. Die Hoffnung, dass wir alle verändert aus dieser Wüstenerfahrung zurückkommen.
Ich will nicht zur Normalität von vorher zurückkehren. Sie war mir vorher schon suspekt, sie ist es immer noch. Der Normalität von ungerechter Vermögensverteilung, Konsumgeilheit und unhinterfragter Wirtschaftswachstumsgläubigkeit – ihr steht nun ein anderer Mensch gegenüber. Ein Mensch, der aus dieser Krise eine neue Sichtweise entwickelt hat. Dem bewusstgeworden ist, wie wichtig es ist, die regionalen ProduzentInnen, HändlerInnen und GastwirtInnen zu stärken. Der „systemrelevante“ Tätigkeiten erkannt hat und den VerkäuferInnen und PflegerInnen mit Wertschätzung begegnet. Ein Mensch, der die Solidarität der Nachbarn und die Langsamkeit des Lebens wiederentdeckt hat.
Auf sich zurückgeworfen, entwickelt der Mensch neue Sichtweisen.
Ich weiß, es war nicht angenehm.
Aber notwendig. Not-wendend. Wir haben gewusst, wir können nicht so weitermachen wie bisher.
Meine Hoffnung und mein Glaube ist, dass wir es auch wirklich nicht tun!