Thema "Medien – Faktencheck" mit Yilmaz Gülüm
Medien schaffen Wirklichkeiten, bilden Meinungen und beeinflussen uns unbewusst. Medienkonsum geschieht oft unreflektiert und birgt daher die Möglichkeit der Manipulation der Konsument:innen. Das wiederum bedeutet, dass Medienkompetenz für alle wichtig ist. Denn nur wer Nachrichten zu entschlüsseln vermag, kann auch bewusste Entscheidungen treffen und sich tatsächlich eine eigene Meinung bilden.
Yilmaz Gülüm sagt, Medien würden ihre Aufgabe nicht erfüllen, und zwar in dem Sinne, dass sie eigentlich neutral und objektiv Informationen bereitstellen sollten, dies aber nicht tun. Er nennt dafür folgende Gründe und strukturelle Ursachen: Das Geschäftsmodell Zeitung funktioniere so nicht mehr. Zeitungen hätten sich früher über Inserate und Abonnenten finanziert. Bei beiden sinke die Nachfrage. Dies führe zu erhöhter Konkurrenz und zum Überschreiten von ethischen Grenzen. Journalist:innen müssen oft ihre Ansprüche an Niveau und Korrektheit von Informationen zurücknehmen. Sie seien angehalten möglichst rasch zu veröffentlichen. Gute Recherche benötigt jedoch Zeit. Ein weiterer Punkt, der häufig nicht offensichtlich ist, ist jener der inhaltlichen Einmischung bzw. positiver Berichterstattung über Eigentümer. Als Beispiel nennt Gülüm hier den Kurier, bei dem Raiffeisen Eigentümer sei. Die Berichterstattung ist dahingehend nicht neutral. Raiffeisen bekommt überdurchschnittlich viel Platz durch (positive) Artikel. Negative Ereignisse werden kaum oder nur am Rande erwähnt. Ein weiteres Beispiel ist Servus-TV mit dem Eigentümer Red Bull.
Obwohl Inserate zurückgehen, sind öffentliche Inserate von politischer Seite und Förderungen noch ein wichtiger Bestandsteil der Finanzierung. In diesem Zusammenhang wurde ein aggressives Vorgehen beschrieben. Oe24 würde bewusst gegen jene öffentlichen Personen vorgehen, sprich deren Ruf schädigen, die wenig oder gar keine Inserate bei ihnen schalten. So sei es mit BM Leonore Gewessler und der Wiener Stadträtin Ulli Sima geschehen. Im Gegenzug erhalten jene mit vielen Aufträgen positive Erwähnungen und Berichte. Da dieses Medium weit verbreitet und leicht zugänglich ist, bildet es in der breiten Masse Meinungen.
Gülüm ermutigt, genauer hinzuschauen, wenn man selbst bei einem Thema negative Anschauungen und Ängste entwickelt, denn oft übernehmen wir diese unbewusst über tagtäglich auch beiläufig konsumierte Medieninhalte.
Das Finanzierungsproblem und die erhöhte Konkurrenz führten online zu einer weiteren Entwicklung, die auch eine Abnahme von qualitätsvollem Journalismus im Kern hat. „Clickbait“: Hier gehe es darum, Leser:innen mit möglichst reißerischen Titeln dazu zu bringen, auf einen Artikel zu klicken und weiterzulesen. Hier stimme oft inhaltlich nichts mehr zusammen, jedoch werden über die Klicks Werbeeinnahmen generiert.
Von den Teilnehmer:innen wurden auch die immer negative Seite von Berichterstattung thematisiert und erwähnt, dass das Verfassen von Schülerzeitungen in Österreich erst ab den 1970ern möglich war.
Elisabeth Zeindlinger
Yilmaz Gülüm ist seit 2010 als Journalist tätig. Gülüm hat den Medienwatchblog Kobuk mit aufgebaut. An der FH Wien unterrichtet er angehende Journalistinnen und Journalisten im Faktencheck-Handwerk sowie im kritischen Umgang mit Medien. Im Brotberuf ist Gülüm seit 2017 beim ORF für die Sendung Report tätig.
Kobuk ist ein Blog, der Medien beobachtet. Es werden Fehler, Falschmeldungen, Schleichwerbungen und strukturelle Probleme in journalistischen Massenmedien aufgedeckt. Herausgegeben wird Kobuk vom gemeinnützigen „Verein für kritischen Medienkonsum“. www.kobuk.at
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Der Sozialstammtisch ist eine Kooperationsveranstaltung von: Cardijn Haus, Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese Linz, Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung OÖ, ÖGB-OÖ Bereich Bildung und Zukunftsfragen, Sozialreferat der Diözese Linz, Treffpunkt mensch & arbeit Linz-Mitte. Gefördert durch: Österreichische Gesellschaft für politische Bildung.