Wenn das gute Miteinander auf der Strecke bleibt
Die wirtschaftliche Lage in Österreich ist derzeit von mehreren negativen Faktoren wie etwa steigende Energiekosten, die hohe Inflation und allgemeinen Unsicherheiten geprägt.
Das führt vielfach zu Einsparungen, Umstrukturierungen und Kündigungen bis hin zu Betriebsschließungen, was wiederum einen großen Nährboden für Konflikte und Mobbing in der Arbeitswelt darstellt.
Wenn der Druck steigt, ist oft kein Platz mehr für ein gutes Miteinander.
So auch im Falle von Frau S:
Sie ist seit vielen Jahren als Sachbearbeiterin in der Firma XY beschäftigt und liebt ihre Arbeit.
Im Juni teilt ihr der Chef mit, dass sie aufgrund von Umstrukturierungen und Einsparungen in eine andere Abteilung wechseln muss – anderenfalls würde er sie kündigen. Es werden Aufgabengebiete zusammengelegt und Frau S muss zusätzliche Aufgaben übernehmen.
Die Einarbeitung in der neuen Abteilung empfindet Frau S als sehr stressig. Die Arbeiten, die sie zusätzlich erledigen soll, werden ihr von einer Kollegin im Eiltempo erklärt. Diese steht selber unter großem Druck, da auch sie zusätzliche Aufgaben aufgrund der Umstrukturierungen übernehmen musste. Es herrscht außerdem eine kollektive Angst, da weitere Kündigungen nicht ausgeschlossen werden können.
Frau S hat noch nicht alles verstanden und bittet die Kollegin um eine weitere Einschulung.
Diese wird immer unfreundlicher und sagt Frau S, dass sie keine Zeit habe, die neuen Aufgaben abermals zu erklären.
Zwischen Frau S und der Kollegin Frau A entsteht ein Konflikt. Frau A macht Frau S bei den Arbeitskolleginnen schlecht. Sie erzählt, dass Frau S schwer von Begriff sei und sie sich frage, wie die Zusammenarbeit mit ihr funktionieren solle. Das Arbeitstempo müsse erhöht werden, sonst kann die Arbeitsmenge niemals bewältigt werden.
Frau S wird immer unsicherer, geht zu anderen Kolleginnen und bittet um Unterstützung. Diese wurden bereits von Frau A beeinflusst und geben Frau S nur sehr dürftige Informationen weiter.
Frau S ist verzweifelt. Sie kann ihre Arbeit nicht ordnungsgemäß erledigen. Informationen, die sie benötigt, werden ihr vorenthalten. Sie hat das Gefühl, in der Abteilung unerwünscht zu sein.
Sobald sie das Büro betritt, wird es still. Sie weiß nicht, wem sie vertrauen kann.
Zuhause erzählt Frau S ihrem Mann davon. Seinen Rat, zum Betriebsrat zu gehen, befolgt Frau S nicht. Sie befürchtet, dadurch könnte der Konflikt noch größer werden.
Frau S kann nicht mehr schlafen, hat Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und macht Fehler bei Tätigkeiten, die sie früher ‚mit links‘ erledigt hat.
Sie kommt nicht mehr zur Ruhe und zieht sich immer mehr zurück.
Dazu kommen heftige Migräneanfällen, die meistens mehrere Tage andauern und zu wiederholten Krankenständen führen. Kolleginnen müssen Frau S vertreten, was sie Situation noch verschlechtert. Es ist ein Teufelskreis und Frau S sieht keinen Ausweg.
Klima der Angst
Umstrukturierungen und Einsparungen führen oft zu immensem Druck auf alle Beschäftigten und fördern ein Klima der Angst, was häufig zu einem Anstieg von Konflikten und Mobbing führt. Die Sorge um den eigenen Arbeitsplatz begünstigt Rivalitäten unter Kolleg:innen. In solchen Situationen können Formen von Mobbing, wie Schikanen und das Herabsetzen anderer, verstärkt auftreten, um sich selbst als unverzichtbar zu präsentieren.
Mobbing ist eine zutiefst destruktive Form der Kommunikation mit dem Ziel der systematischen Ausgrenzung. Sowohl die Psyche als auch der Körper leidet massiv darunter. Wenn Mobbing nicht gestoppt wird, macht es krank.
Negativspirale unterbrechen
Wie im Fall von Frau S. zu sehen ist, dreht sich die Spirale immer weiter. Aus Angst, den Konflikt zu vergrößern, unternimmt Frau S. nichts.
Doch um einen Mobbing-Prozess zu stoppen, ist es ausschlaggebend, dass Betroffene frühzeitig reagieren und sich etwa als ersten Schritt an den Betriebsrat oder eine Vertrauensperson wenden oder eine geeignete Beratungsstelle aufsuchen.
Auch die Betriebsseelsorge Oberösterreich unterstützt:
- Das Mobbingtelefon bietet jeden Montag von 17:00 – 20:00 unter der Nummer 0732/7610-3610 eine kostenlose und anonyme Telefonberatung für Konflikte und Mobbing in der Arbeitswelt an.
- Ein schriftlicher Kontakt ist jederzeit mit dem Online-Formular möglich, zu finden unter www.mobbingtelefon.at
- Weiters bietet der regionale Treffpunkt mensch & arbeit – es gibt neun Standorte in OÖ – Beratung zur Regelung von Konflikten und Mobbing am Arbeitsplatz.