Feministische Ökonomie – Workshop und Sozial-Stammtisch
Katharina Mader stellte klar: "Als Ausgangspunkt der Betrachtung einer Gesellschaft steht das Menschenbild. Mit dieser Grundhaltung werden bestehende Phänomene betrachtet, beschrieben und in Theorie eingebettet." In der klassischen Ökonomie wird u. a. von einem alleinstehenden, vollzeiterwerbstätigen Menschen ausgegangen, dies bedingt, dass weibliche Lebensrealitäten nicht in Analysen miteinfließen und daher auch nicht abgebildet werden. Die feministische Ökonomie versucht, ein diverseres Menschenbild als Ausgangspunkt zu verwenden. Sie möchte auch nicht bei der reinen Beschreibung der ist-Situation stehenbleiben, sondern darüberhinaus gesellschaftliche Veränderungen bewirken.
Welche Daten sind vorhanden?
Wirtschaftsforschungsinstitute prägen maßgeblich den Diskurs über Wirtschaft. Es ist von Bedeutung, von welchem Institut etwas veröffentlicht wird, denn oft stecken politische Interessen dahinter – z.B. zu welchem Zeitpunkt Daten erhoben, benannt oder auch darüber geschwiegen werden.
"Bei den Daten, die für unterschiedlichste Studien herangezogen werden können, stößt man oft an Grenzen; zum Beispiel bei einer Bestandsaufnahme über Frauen mit Betreuungspflichten", erklärt die Referentin. Hierzu können nur Aussagen über Mütter mit Kindern bis 15 Jahren gemacht werden. Alle älteren Kinder sind nicht mehr gezählt und die Datenlage über pflegende Angehörige ist ebenfalls nicht eindeutig erhoben.
Der spezielle Blickwinkel
Feministische Ökonomie tritt für eine Gleichstellung der Frauen ein und zeigt daher Missstände in verschiedenen Bereichen auf. Besonderes Augenmerk wird auf unbezahlte Arbeit, den Gender Pay Gap, fehlende Kinderbetreuung sowie Altersarmut gelegt. Zur Analyse würden unterschiedliche Konzepte herangezogen; zum Beispiel die Abwertungstheorie. Dabei verlieren geschätzte Berufe ihr Ansehen, sobald ein gewisser Prozentanteil von Frauen in diesem Beruf ist. Dies zieht eine niedrigere Entlohnung nach sich. Die Gläserne Decke, der Sticky Floor Effect und die Gläserne Klippe sind weitere angewandte Konzepte.
Um eine Verbesserung der finanziellen Absicherung für Frauen zu ermöglichen, müssen unterschiedliche Hebel bewegt werden. Die Ökonomin zählt einige davon auf: verpflichtende Väterkarenz, Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, Ausbau sozialer Dienstleistungen, armutsfeste Sozialleistungen, Gehaltstransparenz mit einem Verbot für ungleiche Bezahlung von gleicher Arbeit samt Sanktionsmöglichkeiten, Kinderbetreuungsausbau sowie eine höhere Bewertung der Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten für die Pension.
Viele der von der Referentin angesprochenen Themenbereiche stießen auf große Resonanz bei den Teilnehmer:innen und die Unzufriedenheit damit, wie wenig "Wirtschaft" derzeit Frauen* und ihre Lebens- und Arbeitsrealitäten abbildet, wurde auch deutlich artikuliert.
elzei
Interview mit Katharina Mader in der Kirchenzeitung Diözese Linz vom 11. Juni 2024
Der Sozialstammtisch ist eine Kooperationsveranstaltung von: Cardijn Haus, Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese Linz, Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung OÖ, ÖGB-OÖ Bereich Bildung und Zukunftsfragen, Sozialreferat der Diözese Linz, Treffpunkt mensch & arbeit Linz-Mitte. Gefördert durch: Österreichische Gesellschaft für politische Bildung.