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Am Freitag stand der Austausch zwischen ehrenamtlich Engagierten im Vordergrund. Der Samstag startete mit einem themenbezogenen spirituellen Impuls, einer ausführlichen Einstiegsrunde der Teilnehmer:innen und einigen organisatorischen Notwendigkeiten. Anschließend kamen die beiden eingeladenen Inputgeber:innen zu Wort.
Über das Wesen und die Grundprobleme der Demokratie
Zu diesem Themenbereich war am Vormittag die Politologin Margit Appel zu Gast. Ausgehend von der Tatsache "Demokratie muss stets gelernt werden", erläuterte die Referentin, wie sich in Zeiten von Krisen und Umbrüchen die Balance von Sicherheit und Freiheit verschiebt. Das nun vermehrte Bedürfnis nach subjektiver Sicherheit fördert extreme Sichtweisen und Positionen, um so vermeintlich Komplexität wieder reduzieren zu können.
Als Grund der demokratiepolitischen Schwierigkeiten nannte Margit Appel den Kapitalismus, der weit über das Wirtschaftliche hinausgehend inzwischen ein Gesellschaftsystem geworden ist – ALLES muss "sich rechnen".
Mit Stephan Lessenich (vgl. Stephan Lessenich, Grenzen der Demokratie. Teilhabe als Verteilungsproblem) spricht die Referentin von Demokratie als "verfehltem Versprechen" und einem "Schließungsspiel" mit vier Achsen: vertikal (oben gegen unten), horizontal (jeder gegen jeden), transversal (innen gegen außen) und external (alle gegen die eine Natur).
Um die Potenziale der Demokratie nicht länger zu verfehlen, ist es notwendig, Demokratie auszuweiten und zu vertiefen. Anhand von drei Beispielen – Erwerbsarbeit, Sozialstaat und Care-Arbeit – zeigte die Referentin auf, wie wir diese Felder gerechter und damit Demokratie fördernder gestalten könnten. "Wir sind Utopie fähige, politische Subjekte, wir können stets etwas Neues beginnen", machte Margit Appel Mut, weit vor jeder Wahl unser Miteinander so zu gestalten, dass Demokratieerfahrungen gemacht werden können. Sie ist überzeugt, dass die vom Kapitalismus geprägte Mythen im Kopf (z.B.: Es braucht Wirtschaftswachstum oder: Gerechtigkeit gibt es nicht) aufgelöst gehören und stattdessen lebensdienliche Utopien (z.B.: von allen genug, von nichts zuviel) Platz greifen müssen.
Christliche Werte
Nach diesem Vormittag, der dem SEHEN gewidmet war, ging es am Nachmittag um das Urteilen. Der Präsident der Katholischen Aktion Österreich, Ferdinand Kaineder stellte fest: Wir leben in einer Welt der "Austreibung des anderen" (= Diversität ist nicht gefragt), in der sich ein "Mega-Maschinendenken" festgesetzt hat und Leben in den "Un-Dingen" (im Digitalen statt im Haptischen) stattfindet.
Statt des derzeit vorherrschenden technogenen Lebens (algorithmusbestimmt, Grundcode "I am") sprach sich Ferdinand Kaineder für ein conviviales Leben aus mit einer Haltung der Gastfreundschaft und dem Grundcode "we are". Er betonte, der Mensch brauche nur drei Dinge unbedingt: Wertschätzung & Anerkennung, sinnvolle Tätigkeit & Rituale und Zugehörigkeit & Solidarität, all das hat im Kampfmodus des technogenen Lebens keinen Platz.
Als wesentliche Orientierungshilfe, um auf eine Wahl zuzugehen, stellte er die KA-Dossiers vor, in denen komprimiert fünf Themen behandelt werden. Auch die Prinzipien der katholischen Soziallehre und das päpstliche Schreiben "Laudato sì" mit seiner Mitwelt-gerechten Haltung sind empfehlenswert. Ferdinand Kaineder ist überzeugt, es brauche für eine gute Zukunft die Transformation zu einem neuen Weltbild: sozial-ökologisch-spirituell! Auch er sprach, genauso wie Margit Appel, von der Kraft der Utopie und ermunterte die Teilnehmer:innen, politische Sprach- als auch Handlungsebenen zu analysieren: "Wohin gehen die Parteien im Vergleich zu dem, was sein soll?" und "Was will ich stärken?"
Resümee: informativ und bestärkend
In kleinen Gruppen wurden anschließend die Inhalte der Inputs weiterdiskutiert, mögliche Entscheidungshilfen angesprochen und betont, wie wichtig es ist, viel mit Menschen zu reden und sie zum Mitgestalten zu aktivieren.
Politik und Demokratie ins Gespräch zu bringen ist für KAB und Betriebsseelsorge ein wichtiges Anliegen. Das kann vielleicht auch durch kleine Zeichen gelingen, wie z.B. die "Fingernagel-Aktion" der Forumsteilnehmer:innen. Der ab heute lackierte Fingernagel des kleinen Fingers will sagen: "Ich setz' mich mit Politik auseinander und für Demokratie ein" – gerade heuer im Superwahljahr! – Mach doch mit."
elza